■ Tolerantes Brandenburg
: Auch Minister vor Ort

In der Statistik politisch motivierter rechter Gewalttaten weisen mehrere Ost-Länder ein größeres Problem auf als Brandenburg. Daß man in Zeitungen ganz überwiegend über rechtsextremistische Übergriffe im Land Brandenburg liest, liegt am Umgang mit dem Thema: Die Vorfälle werden nicht verschwiegen, sondern durch Staatsanwaltschaften und Politik öffentlich gemacht.

Das ist neu. Noch vor zwei Jahren hat die Landesregierung das Thema rechte Gewalt allenfalls wie tragische Einzelfälle wahrgenommen, ein gesellschaftliches Problem aber stets bestritten. Mitte 1998 änderte sich das. Ein Aktionsprogramm „Tolerantes Brandenburg“ wurde ins Leben gerufen und, trotz knapper Kassen, mit 2,5 Millionen Mark ausgestattet. Dazu zählen Projekte, die für eine Bürgergesellschaft qualifizieren sollen: mobile Beratungsteams etwa, die Kommunen, Schulen, Gewerkschaften und Sportvereine bei der Gestaltung gewaltloser demokratischer Strukturen vor Ort beraten. Auch werden Gewaltopfer unterstützt, und es gibt eine Spezialeinheit der Polizei. Zum Aktionsprogramm gehört übrigens auch, daß Kabinettsmitglieder nach rechten Übergriffen persönlich an den Orten des Geschehens auftreten, um die Öffentlichkeit zu mobilisieren.

2,5 Millionen Mark, das ist eine Kleinigkeit gegen die 40 Millionen Mark des Anti-Gewalt-Programms der alten Bundesregierung von 1991, das Arbeit mit rechten Jugendlichen in den neuen Ländern finanzierte, um sie von der Straße zu holen. Doch die Wirkung dieses Programmes war fatal: Während aus Finanznot viele „normale“ Jugendklubs der Kommunen und freien Träger dichtmachen mußten, bekamen die Klubs der rechten Szene einen wahren Geldregen aus Bonn. Rechte Jugendliche konnten ihre Kultur ausleben und erlangten in einigen Regionen und Schulen allmählich eine kulturelle Hegemonie innerhalb der Jugendszene. Wer als Teenager in sein wollte, mußte Stoppelschnitt und Springerstiefel tragen. mai