Analyse
: Globale Scheichs

■ Hoechst muß Kuwaitis überzeugen

Was ist schon deutsch an Hoechst? Unser größter Aktionär ist Kuwait“, sagte Jürgen Dormann kurz nach seiner Amtsübernahme als Vorstandschef, um zu beweisen, daß er zuvörderst dem globalen Denken verhaftet ist. Gerade dieser weltläufige Großaktionär Kuwait Petroleum Corporation (KPC) aber macht Dormann heute zu schaffen. Dabei hat der Hoechst-Chef unermüdlich ganze Unternehmenssparten verkauft, Belegschaften dezimiert und trotz skeptischer Börsenhändler die Konzentration des ehemaligen Farben- und Chemiegiganten auf Pharma und Gentechnik- Landwirtschaft vorangetrieben. Selbst die jahrelang kursierenden Gerüchte, die im Branchenvergleich etwas profitschwache Hoechst AG werde von diesem oder jenem übernommen, verstummten, als Dormann eine Fusion mit dem französischen Konkurrenten Rhône-Poulenc verkündete.

Mit diesem Paukenschlag entstünde der größte Agrarchemiekonzern der Welt und nach dem US-Riesen Merck der zweitgrößte Pharmakonzern. Der neue Konzern mit Sitz in Straßburg soll global-verwaschen Aventis heißen. Und nun zeigen sich ausgerechnet die Kuwaitis widerborstig und drohen, die Firmenehe zu blockieren.

Daß die Hoechst-Argumente für die Fusion nicht voll überzeugend waren, konnten die Konzernchefs schon in der Zeitung lesen. „Zwei Halbstarke geben nicht unbedingt einen Starken“, zitierte die FAZ einen Vertreter der KPC – für die Welt der Großkonzerne eine ungewöhnlich ungehaltene Form der Kommentierung. Angeblich hatten die Aufsichtsratsvertreter zuvor intern unbequeme Fragen gestellt: ob die Fusion denn dem unterdurchschnittlichen Gewinn nütze und warum die Hoechst-Aktionäre trotz eines im Vergleich zu Rhône-Poulenc höheren Börsenwertes nur 50 Prozent an der neuen Aventis halten sollen, zum Beispiel.

Die Hoechst-Manager reagierten prompt auf die Warnung aus Kuwait. Schließlich kann die KPC mit ihrem Aktienanteil von 24,5 Prozent jede Hauptversammlung handlungsunfähig machen. Und so pilgerte denn vergangenen Donnerstag sogar Dormann persönlich nach Kuwait, um Ölminister Scheich Nasser al-Sabah zu überzeugen. Der meinte hinterher: „Alles entwickelt sich gut.“

Was der mächtige Ölminister damit gemeint hat, wird sich heute auf der Hoechst-Aufsichtsratsitzung zeigen: Wenn die Kuwaitis zustimmen, daß auf der kommenden Hauptversammlung am 4. Mai die Fusion auf der Tagesordnung steht, dürfte Dormann gewonnen haben. Wenn nicht, wird noch um einen Nachschlag für die Hoechst-Aktionäre gerungen werden. Denn die KPC hat den Vorstand in der Hand: Platzt die Fusion, könnten sie eventuell sogar einen höheren Profit erzielen – indem sie ihren Anteil gegen einen satten Aufschlag an einen Konkurrenten verkaufen. Reiner Metzger