Zur Stahlindustrie
: Frühwarnstreikende Stahlwerker

■ 1.500 Beschäftigte sind im Ausstand / Salzgitter-Verbundspläne werden in Bremen jetzt gespannt verfolgt

Sie kamen um sechs Uhr morgens erst gar nicht zur Frühschicht und stellten sich später als Warnstreikposten vor die Werkstore: Gestern folgten laut Gewerkschaft rund 1.500 Bremer Stahlwerker einem Warnstreik-Aufruf der IG Metall – und machten so mit drei Stunden Produktionsausfall Druck auf die weiteren Tarifverhandlungen: Am Freitag treffen sich die Partner zur dritten Tarifrunde für die 85.000 Beschäftigten der Stahl- und Eisenindustrie in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Die Arbeitgeber hätten die Warnstreiks provoziert, meinen die Protestler. Sie hatten in der letzten Verhandlungsrunde 2,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt ab dem 1. März angeboten – und ab 1. Januar 2000 zusätzliche 0,6 Prozent für weitere fünf Monate. Die Stahlbelegschaften dagegen forderten 6,5 Prozent: Auch für die Stahlarbeiter müßten ähnliche Abschlüsse wie in der Metall- und Elektroindustrie oder im Öffentlichen Dienst möglich sein, erklärte gestern der Bremer IG-Metall Vertrauensmann Volker Stahmann. Eine Lohnerhöhung von 3,2 Prozent mit einer zusätzlichen Einmalzahlung sei deshalb ein annehmbarer Kompromiß, machte auch der bundesweite IG-Metall Sprecher Dieter Reinken klar.

Schließlich würde immer weiter in die Stahlproduktion investiert, heißt es in Bremen: Bis zum Jahr 2002 nämlich will das im Sidmar-Arbed-Verbund befindliche Bremer Werk ein Investitionskonzept in Höhe von 1,3 Milliarden Mark auf die Beine stellen, erklärt IG Metall-Vertrauensmann Stahmann. „Aber mit den Investitionen in die Belegschaft“ sehe es dagegen eher mau aus. Immerhin sind die insgesamt rund 4.700 Bremer Stahlwerker derzeit nicht mehr auf Kurzarbeit gesetzt: Die Stahlwerke hatten wegen der Wirtschaftskrise in Asien und dem dramatischen Preisverfall im November vergangenen Jahres ab 1. Januar alle Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Für Februar, März und auch den folgenden April wurde aber alles wieder rückgängig gemacht, berichtet Stahmann. „Denn die Mengen sind da, nur die Preise sind zu niedrig.“

Daß die konkurrierende Salzgitter AG über einen Zusammenschluß mit der luxemburgischen Arbed-Gruppe verhandeln will, beobachten die Bremer seit Wochen mit Spannung. Erst gestern wurde bekannt, daß der fünfköpfige Vorstand des zweitgrößten deutschen Stahlkonzerns Verhandlungen mit den Luxemburgern schon in Kürze aufnehmen will. „Wir halten da schon die Lupe drauf“, hieß es gestern aus dem Betriebsrat der Bremer Stahlwerke. Aber noch gebe es „zuviele Unbekannte“ bei der angestrebten Partnersuche. Es sei eben nicht klar, wieviel Einfluß welchem Partner in Zukunft zugestanden würde. Grundsätzlich könnten derlei Zusammenschlüsse natürlich zu Arbeitsplatzabbau im Arbed-Verbund führen. Aber „noch hält sich die Gefahr in Grenzen“, heißt es. Man hätte mit dem Konzern bislang immer gute Erfahrungen gemacht. Der Salzgitteraner Arbeitsdirektor jedenfalls erklärte gestern, bisher stünde erstmals eine gegenseitige Kapitalbeteiligung zur Debatte, die der Salzgitter AG größtmöglichen Einfluß auf die Unternehmensführung sichern soll. kat