Irre Irritationen

■ Besinnungslos schichtet das Rock-Quartett Laddio Bolocko seine Loops

Was ist Ihre Idee von Spaß? Ein alkoholisierter Spieleabend mit Freunden oder vielleicht Pot rauchen und Schlangen beim Verschlucken von Mäusen zugucken? Zumindest Teile von Laddio Bolocko würden zweifellos letzteres ankreuzen. Wer vor ein paar Wochen in der Meanie Bar Zeuge sein durfte, wie der Gitarrist der Gruppe einen angetrunkenen Ausdruckstänzer mit Blicken getötet hat, weiß, wovon die Rede ist. Auch wenn das psychopathische Moment reine Inszenierung gewesen sein mag, unangenehm-überzeugender hat es sich seit den großen Tagen des expressiven Noiserock, seit Jesus Lizard und den God Bullies nicht mehr auf einer Bühne gezeigt.

Musikalisch erklärt sich Laddio Bolocko, ein instrumentales Rock-Quartett, bestens über die städtischen Querverweise, über Chicago und New York. Blake Fleming, Schlagzeuger, strukturierte vormals die bösen Noise-Metaller Dazzling Killmen. Die anderen Mitglieder haben ihre Wurzeln in weniger bekanntem urbanen Projekten zwischen Jazz und Krach. Ein amerikanischer Live-Bericht zieht als erste Referenz Can heran, was zumindest in bezug auf die Bedeutung der rhythmischen Struktur trifft. Oftmals funktionieren die langen Stücke aber auch wie klassisches Dancehall-Deejaying: Erst wird über Schlagzeug und instrumentale Schleifen Spannung aufgebaut, dann kommt der Bass. Laddio Bolocko treiben und schichten, arbeiten mit Tape- und Gitarren-Loops. Breaks erhöhen die Dichte bis zur Ekstase, die in Saxophon und verzerrtem Moog ihren Katalysator findet.

Das übersetzt die Transparenz und Schärfe von Gruppen wie Shellac und Jon Spencer Blues Explosion in Trance, einen leichter konsumierbaren, aber keineswegs flüchtigen oder gar billigen Genuß. Und siehe – da ist trotz des im Coolness-Kodex festgeschriebenen Bühnengebaren doch noch ganz ungebrochener Spaß von höchst körperlicher Wirkung. Tanzen, nicht kaputtmachen. Geht doch.

Holger in't Veld Mo, 21. März, 21 Uhr, Molotow