Gegen Samstagarbeit und Nasenprämien

Streiks bei den Banken, Urabstimmungen bei den Versicherungen  ■ Von Kai von Appen

„Würden Sie streiken?“ fragt die Betriebsrätin. „Natürlich!“ Der jungen Mitarbeiterin der Dresdner Bank steht der Unmut ins Gesicht geschrieben. Zielbewußt macht sie ihr Kreuzchen auf dem Stimmzettel bei „Ja“. Zur Urabstimmung über einen Arbeitskampf hatten gestern die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) aufgerufen.

Vor der Dresdner-Bank-Zentrale an der Caffamacherreihe herrschte zu Arbeitsbeginn reges Treiben. Viele Banker blieben bei den aufgestellten HBV- und DAG-Ständchen stehen, diskutierten kurz mit den GewerkschafterInnen, um dann für einen Arbeitskampf zu stimmen, bevor sie durch die Glastür zur Arbeit verschwanden. Selbst unorganisierte Nicht-Gewerkschaftmitglieder mit Schlips und Kragen, die sich eigentlich mit ihrer „Beraterbank“ identifizieren, machten ihrem Unmut Luft.

Das Ergebnis des Urnengangs wird am kommenden Montag bekanntgegeben. Bereits am Dienstag waren die Beschäftigten der Deutschen Bank zur Wahlurne gegangen. Mit Urabstimmungen bei der Landesbank, Vereins- und Westbank und der Haspa versuchen sich die Gewerkschaften bis zum Wochenende zu rüsten. Stimmen die Banker für den Streik, so wäre dies der erste Arbeitskampf seit 1992 in der Branche.

Der Unmut im Bankgewerbe überrascht nicht: Trotz überquellender Tresore, saftiger Renditen und horrenden Dividenden für die Aktionäre sind die Bankkonzerne in diese Tarifrunde mit provokativen Forderungen gegangen. Statt ein Angebot zu unterbreiten – die Gewerkschaften fordern 6,5 Prozent mehr Gehalt – boten die Bankiers eine Einmalzahlung von 850 Mark. Erst wenn die Gewerkschaften bereit seien, das 13. Monatsgehalt zur Disposition zu stellen, generelle Samstagsarbeit zu akzeptieren und über „Nasenprämien“, also personen- und leistungsbezogene Entlohnung zu reden, wollen die Bankkonzerne eine Promille von ihren Milliardengewinnen an die Mitarbeiter ausschütten.

Auch im Versicherungsgewerbe spitzt sich die Lage zu. Heute morgen wird die Zentrale der Hamburg-Mannheimer (HM) in der City-Nord für mehrere Stunden bestreikt. Wenn es morgen bei den Tarifgesprächen nicht zur Einigung kommt, werden in der nächsten Woche die 3500 MitarbeiterInnen der Hamburg-Mannheimer zur Urabstimmung schreiten. Ihnen folgen sollen die Beschäftigten in den Zentralen der Hamburger Versicherungskonzerne Volksfürsorge, Hermes, Allianz und Deutscher Ring.

Mit Warnstreiks hatten die MitarbeiterInnen der Versicherungsmultis in den vergangenen Wochen des öfteren ihre Empörung zum Ausdruck gebracht. HBV-Sprecher Jörg Reinbrecht ist seither in seinem Element: „Nächste Woche wird in den Banken gestreikt“, freut er sich, „dann folgen die Urabstimmungen bei den Versicherungen, und in der Woche drauf haben wir auch dort den Streik.“