Die Spelunke hinter geschlossenen Augen

■ Die beiden großartigen Fadistas Mafalda Arnauth und Maria Amélia Proença beenden „women in (e)motion“

Das diesjährige „women in (e)motion“-Festival geht zu Ende und hält zum Schluß noch einmal eine musikalische Ohrenweide bereit. Die beiden großartigen Fadistas Mafalda Arnauth und Maria Amélia Proença singen das Hohelied des „portugiesischen Blues“, des Fado. Eine Kurzdefinition dieser ganz eigenen portugiesischen Song-kunst gab Mafalda Arnauth am Mittwoch abend bei ihrem Auftritt in Delmenhorst. Fado bedeute „Leben, Gefühl, Herz und Seele“. Entstanden in den Seemannskneipen Lissabons Ende des 19. Jahrhunderts, ist das vorherrschende Gefühl eine bittersüße Melancholie, die mit Inbrunst zelebriert wird. Aber es gibt auch fröhliche Fados, wie im Delmenhorster Kleinen Haus zu hören war und heute und morgen wieder zu hören ist.

Zwei Elemente prägen den Fado, dessen genauer Ursprung unklar ist, besonders: der Klang der portugiesischen Gitarre und das spezielle Vibrato in den Gesangslinien. Die portugiesische Gitarre ist ein zwölfsaitiges Instrument mit relativ kurzem Hals und einem eigentümlichen Klang, der irgendwo zwischen Zither und Mandoline liegt. Über ihren Akkorden erhebt sich der Gesang, bei dem das typische Vibrieren der Stimme meist am Anfang oder in der Mitte der Liedzeile liegt, was eine besondere Dramatik erzeugt.

Am Mittwoch waren zwei außergewöhnliche Fado-Stimmen zu hören, sehr zur Begeisterung der kleinen portugiesischen Gemeinde im Publikum, die im Laufe des Konzerts ganz aus dem Häuschen geriet und manches Mal in den Refrain einfiel. Die junge Sängerin Mafalda Arnauth sang mit voller, warmer Stimme, die die ZuhörerInnen schnell gefangennahm und dazu einlud, die Augen zu schließen und sich den Stimmungen von Sehnsucht, Heimweh, enttäuschter Liebe aber auch Freude hinzugeben.

Ihre Kollegin, die sechzigjährige Maria Amélia Proença, wirkte zunächst etwas strenger. Ihre Stimme ist kehliger, klingt herber und ist gekennzeichnet von kontrollierter Emphase, Inbrunst, selbst wenn sie aus voller Kehle singt. Da kamen Assoziationen an die Geburtsorte des Fado auf, rauchgeschwängerte Spelunken, in denen die ZuhörerInnen sich zu den Fado-Klängen ihren nostalgischen Sehnsüchten auslieferten. Begleitet wurde der großartige Gesang der beiden sich abwechselnden Fadistas von den zwei ausgezeichneten Gitarristen Paulo Parrera, portugiesische Gitarre, und Joao Veiga, klassische Gitarre. Das Auftreten der beiden Instrumentalisten hätte nicht gegensätzlicher sein können, während Parrera wie versteinert dasaß, kaum mal eine Miene verzog, wippte, zuckte und ruckte Veiga mit verschmitztem Grinsen auf seinem Stuhl, schien jeden Ton seiner Gitarre mitzuleben und strahlte dadurch eine ansteckende Freude aus. Ein gelungener Auftritt, den auch die nichtportugiesischen ZuhörerInnen begeistert feierten. Die weiteren Auftritte heute und morgen Abend garantieren einen gelungenen Abschluß des Festivals, der dem Motto „women in (e)motion“ alle Ehre macht.

Arnaud

Weil das Konzert heute abend um 20 Uhr im Moments bereits ausverkauft ist, gibt es einen Zusatztermin um 23 Uhr ebenfalls im Moments. Morgen, Samstag, sind die Fadistas noch einmal um 20 Uhr im Kito zu hören.