Berliner Stromversorger beharrt auf Monopol

■ Bewag will aus technischen Gründen erst ab 2001 Strom von Konkurrenten durchleiten

Berlin ist von den Preisvorteilen der Stromliberalisierung die nächsten zwei Jahre abgekoppelt – zumindest der Westteil. Der Berliner Stromversorger Bewag lehnt es ab, Fremdstrom durchzuleiten, wie seit gestern bekannt ist. Verschiedene Stromunternehmen hatten sich bereits mit Kunden geeinigt: Der Stromversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW) aus Karlsruhe wollte bereits ab dem 1. April dieses Jahres das Berliner Abgeordnetenhaus mit Strom beliefern.

„Bislang ist Berlin nur über eine Leitung nach außen verbunden“, sagte der Bewag-Pressesprecher Siegfried Knopf der taz. Und diese sei zu 100 Prozent ausgelastet. Erst wenn Ende des nächsten Jahres die Verbindung des West- mit dem Ostteil Berlins fertiggestellt sei, hätte die Bewag für die Durchleitung anderer Stromkonzerne Kapazitäten. „Aus historischen Gründen hat der Ostteil mehrere Leitungen nach außen, weil dort – anders als im Westteil – nur ein Bruchteil des Strombedarfs selbst erzeugt wurde“, erklärt Knopf. Nicht nur EnBW, auch anderen Unternehmen werde die Bewag eine Absage erteilen. Andere Vorhaben: Der Essener Stromkonzern RWE will Einzelhandelsketten mit eigenem Strom beliefern, die Hamburger Electricitätswerke das Mercedes-Benz-Werk in Marienfelde und die debis-Zentrale am Potsdamer Platz.

Empörung und Erstaunen bei der baden-württembergischen EnBW, die erst letzte Woche einen Vertrag mit Schering unterzeichnet hat. „Wir halten die Behauptungen der Bewag über die hundertprozentige Auslastung des Stromkabels nach Westdeutschland für nicht ernstzunehmend“, sagte der Pressesprecher der EnBW, Klaus G. Wertel, der taz. Eine vollständige Kapazitätsauslastung wäre unverantwortlich, zum anderen habe die Bewag bislang nichts davon verlauten lassen. „Bis vorgestern hat die Bewag den Vertrag mit Schering kritisiert, indem sie auf die Schutzklausel der Kraft- Wärme-Kopplungs-Anlage verwies“, ergänzt Wertel. Davon sei nun keine Rede mehr. Nach der bundesweiten Regelung kann ein Stromunternehmen die Durchleitung von Strom anderer Unternehmen verweigern, wenn damit die Stromerzeugung aus ostdeutscher Braunkohle oder aus Kraft-Wärme-Kopplung verdrängt wird.

Sollte der Durchleitungsantrag von der Bewag negativ beschieden werden, will die EnBW zunächst versuchen, sich gütlich mit der Bewag zu einigen. „Wenn wir keine Einigung erzielen, werden wir uns ans Kartellamt wenden müssen.“ Das Unternehmen steht unter Druck der Vertragserfüllung, es geht um Schadensersatzforderungen in sechs- bis siebenstelliger Höhe, schätzt ein Experte aus der Stromwirtschaft. Karen Wientgen