Zum Europacup: Das Fußballerherz tritt links

■ Hertha spielt heute gegen 1860 München, einen direkten Konkurrenten um den Einzug in den Uefa-Cup. Die Berliner geben sich erfolgsgewiß und planen ganz für den europäischen Wettbewerb

Es wird sein wie immer, wenn Hertha BSC auf 1860 München trifft. Berlins Trainer Jürgen Röber und sein bayerischer Kollege Werner Lorant werden an der Seitenlinie herumflitzen, als würden sie statt eines fürstlichen Grundgehalts lediglich Kilometerpauschalen beziehen. Angestachelt von ihren quecksilbrigen Vorturnern, werden sich die Akteure auf dem Rasen beharken und die Lunge aus dem Leib rennen.

Doch heute steht für Röbers Preußen mehr auf dem Spiel. Nahmen die Bajuwaren bereits letzte Saison, wenn auch ohne Fortüne, am Europacup teil, so wollen sich die Berliner, über 20 Jahre nach den Auftritten der legendären Hertha-Elf um Erich „Ete“ Beer im Uefa-Cup, erstmals wieder für das internationale Geschäft qualifizieren. Noch blockieren die Müncher „Löwen“ den entscheidenen fünften Tabellenplatz. Röber, ausgestattet mit einem neuen Zweijahresvertrag, der ihm pro Saison 1,2 Millionen Mark Gehalt zusichert, soll dies schleunigst ändern. Ein Sieg der derzeit auf Rang sieben liegenden Gastgeber ließe sie vor die „60er“ rutschen.

Die Planung bei Hertha ist dem aktuellen Geschehen auf dem Rasen bereits enteilt. „Wir wollen in den Europacup“, verkündet Präsident Walter Müller. Folgsam bastelt Manager Dieter Hoeneß an einer Mannschaft mit europäischer Durchschlagskraft. Unter der Woche machte er den Rücktransfer des Rostocker Nationalspielers Marko Rehmer, der vom 1.FC Union stammt, an die Spree perfekt. Ein weiterer Hanseate mit Länderspielerfahrung hingegen, der Bremer Marco Bode, sagte ab. Er will seine Karriere an der Weser ausklingen lassen.

Sehr zum Leidwesen von Röber, denn Bode hätte seinen Anforderungen optimal entsprochen: Marco ist vielseitig einsetzbar, intelligent, torgefährlich und pflegt den Ball mit dem linken Bein zu bearbeiten – kein Wunder, Bode studiert nebenbei Philosophie. Röber steht auf Linke. „Linksfüßer sind die besserern Fußballer“, glaubt er. Von jener raren Spezies Fußballer, die ihre Signale überwiegend aus der künstlerisch-kreativen rechten Gehirnhälfte empfängt, kann Herthas Übungsleiter nicht genug bekommen angesichts seiner zahlreichen biederen Fußwerker.

Heute könnte Röber gleich ein gutes halbes Dutzend Subjekte seiner Begierde in Augenschein nehmen. Keine andere Bundesliga- Mannschaft ist nämlich linkslastiger als 1860 München, die Lieblingsmannschaft von Ex-Finanzminister Theo Waigel (CSU). Sieben Mann im Kader von Werner Lorant benutzen das rechte Bein lediglich, um nicht umzukippen. Jürgen Schulz