Waldbesitzer wollen eigenes Ökoholzsiegel

■ Ein europäisches Forstzertifikat macht dem vom Weltforstrat vergebenen FSC-Siegel bald Konkurrenz. Umweltschützer befürchten, daß sie an Einfluß verlieren und die Standards sinken

Köln (taz) – Private Waldbesitzer in Europa wollen neben dem kürzlich erfolgreich eingeführten Ökoholzsiegel des Weltforstrats, Forest Stewardship Council (FSC), ein weiteres Gütesiegel einführen: das paneuropäische Forstzertifikat. Die schwedische Urbevölkerung und deutsche Umweltschützer kritisieren die Pläne als überflüssig und rückschrittlich.

Seit Jahren kämpfen die rund 3.000 Rentierzüchter der schwedischen Saami dafür, ihre traditionellen Weiderechte auch in privaten Wäldern ausüben zu können. Als 1993 das FSC Gütesiegel eingeführt wurde, hatten sie auf ein erfolgreiches Ende des Kampfes gehofft. Denn zu den zehn Grundsätzen für die Vergabe des Zertifikats gehört neben den Arbeitsbedingungen, den Auswirkungen auf die Umwelt, dem Schutz vor Raubbau und weiterem auch, daß indigene Völker in den Wäldern ihre traditionellen Nutzungs- und Gewohnheitsrechte behalten.

Das neue paneuropäische Forstzertifikat (PEFC), das von kommerziellen Waldbesitzern vergeben wird, wird diese sozialen Rechte nicht berücksichtigen, befürchten die Saami. „Wenn unsere Rentiere nicht mehr in die privaten Wälder dürfen“, so Olof Johansson, Vorsitzender der Saami-Gemeinde Tassassen, „bedeutet das das Ende unserer traditionellen Zucht.“ Die privaten Waldbesitzer in Schweden lehnen diese Nutzung ihrer Wälder ab. Sie haben in den letzten Jahren zwölf Saami-Gemeinden auf eine Million Euro Schadenersatz verklagt und sich der Initiative für das PEFC-Siegel angeschlossen. Die Saami rufen nun Firmen und Konsumenten europaweit auf, beim Kauf schwedischer Holzprodukte Wert auf das FSC-Siegel zu legen.

Auch in der Bundesrepublik ist der Vorstoß, noch ein neues Siegel einzuführen, umstritten. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und WWF kritisieren, daß sie nicht an der Entwicklung des Siegels beteiligt wurden. Den Kriterienkatalog des PEFC haben sie bisher nicht zu sehen bekommen. Nach welchen Maßgaben das Siegel vergeben wird, ist also weitgehend unklar. Greenpeace-Sprecher Martin Kaiser fordert: „Jedes glaubwürdige Zertifikat muß mindestens die Maßstäbe des FSC erfüllen, also auch die Erlaubnis traditioneller Nutzungsrechte.“

Auch eine weitere grundsätzliche Bedingung für ein Zertifikat, nämlich daß es transparent ist und schon bei der Entwicklung die Umweltschutzorganisationen einbezieht, ist laut Ellen von Zitzewitz vom WWF nicht erfüllt. Die waldpolitische Sprecherin der SPD- Fraktion, Heidi Wright, äußerte den Verdacht, daß das PEFC-Siegel das offenbar ungeliebte FSC- Zertifikat mit abgeminderten Standards unterlaufen soll.

Allerdings sind die ersten Pilotprojekte in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen bereits gestartet. Im Juni soll das neue Siegel dann flächendeckend eingeführt werden – in Konkurrenz zum FSC. Dieser hat in Deutschland bereits rund 20.000 Hektar meist kommunaler Forstbetriebe zertifiziert, in Schweden bemühen sich mehrere Großfirmen um das FSC-Siegel. Laut Michael Lammertz, Geschäftsführer des Deutschen Forstwirtschaftsrates, soll das PEFC- Siegel die beim FSC angeblich vernachlässigten Interessen der europäischen Waldbesitzer aufgreifen und den zersplitterten Strukturen des europäischen Waldbesitzes gerecht werden.

Europaweit sind 90 bis 100 Millionen Hektar Wald in den Händen von 10,5 Millionen Waldbesitzern. Das FSC-Siegel eigne sich, so Lammertz, für tropische Wälder und große Betriebe, nicht für hiesige Verhältnisse. Die schärfste Kritik üben die Waldbesitzer laut Lammertz an dem Drei-Kammer- System des FSC, das Umweltschützer, soziale Gruppen und den kommerziellen Sektor gleichberechtigt nebeneinander stellt: „Waldbesitzer tragen für den Wald die Verantwortung, aber sie haben im FSC maximal einen Stimmanteil von 10 bis 15 Prozent. Das ist zu wenig.“ Maike Rademaker