Press-Schlag
: Die absolute Utopie

■ Hertha-Trainer Röber hat Probleme mit dem Erfolg

Jürgen Röber hat jetzt zwei Wochen Zeit, ein Rätsel zu lösen. Die Nuß ist verdammt hart. Die Champions League droht, und er weiß nicht recht, warum. „Nach der Tabelle“, sagt der Trainer von Hertha BSC, „haben wir alles richtig gemacht.“ Das Gesicht, das er dazu macht, zeigt aber, daß man beim 2:1 gegen 1860 München nicht alles richtig gemacht haben kann. Es ist sogar so, daß Röber glücklich/unglücklich brummt, er hätte an diesem Wochenende „einen Tipschein abgeben sollen“.

Ein seltsames Spiel. „Wer es gesehen hat“, sagt Kapitän Michael Preetz, „weiß, daß die Champions League absolute Utopie ist.“ Preetz hat mit dem Hinweis auf Ecken- (2:10) und Chancenverhältnis (3:11) gute Argumente. Nur: Absolut betrachtet ist die Utopie jetzt noch genau einen Platz und einen Punkt entfernt.

Das macht die Sache so schwierig für Röber, der seinen (noch) erfolgreichen Profis erklären muß, daß sie fast alles falsch machen. Das weiß er so genau auch nicht. Er hat nur Anhaltspunkte. Die Profis von 1860 seien „in ihrer Entwicklung ein paar Jahre weiter“. Hertha ist, das vergißt man gerne, im zweiten Bundesligajahr. Dennoch ist die Erwartungshaltung von außen und teilweise auch innen an Trainer und Profis immens.

Der spannende Moment am Fußball im Gegensatz zum Schach, das hat Felix Magath dieser Tage gesagt, sei „das Unberechenbare“ seiner Spielfiguren. Jetzt überlegt Röber besorgt, ob es die „mentale Stärke“ seiner Profis ist, die nicht gleichmäßig wächst mit dem Niveau des Kaders und dem Druck, der sich aufgebaut hat. Damit meint er weniger persönliche Fehler wie der von Hartmann bei Winklers 1:1, als die Gelähmtheit des Teams, das über 90 Minuten keinen Spielaufbau zustande brachte.

Im Gegensatz zu Röber hat es Werner Lorant eigentlich richtig gut. Viermal hat 1860 nicht gewonnen, Europa droht zu entschwinden, aber der Trainer von 1860 braucht nicht zu rätseln. Der Strafstoß, den Greilich an Preetz verursacht haben soll? An jener Spielfigur, die diesmal Rot trug, kann er nicht ziehen. Das 2:1? Fiel, weil Figur Borimirow sein kreatives Tun mit dem schlimmsten aller Fehlpässe zunichte machte, jenem in Gegners Füße im Augenblick des Aufrückens.

„Die Niederlage geht ganz klar auf seine Kappe“, bellt also Lorant. Ansonsten hat man ja Fußball „vom Feinsten“ gespielt – also brav und effektiv gearbeitet. Als Röber davon sprach, man habe nun Wolfsburg und 1860 überholt, murmelte Lorant fast beschwörend vor sich hin: „Wir kommen schon wieder. Wir kommen schon wieder.“ Er weiß, was schief läuft. Nur: Was will er ändern?

Ein Rätsel hat Röber übrigens schon gelöst. Die Suche nach dem letzten Gegner, der Hertha im Olympiastadion dermaßen herspielte. Es war – der SV Meppen, heute Regionalligist. Das war praktisch gestern. Peter Unfried