Wozu haben wir ein Parlament gewählt? –betr.: Deutschland nach dem Rücktritt von Oskar Lafontaine. Eine Satire

Der Bundeskanzler lädt im Bündnis für Arbeit die Wirtschaft dazu ein, ein neues Steuerrecht zu gestalten. Einmal abgesehen davon, daß Miteinanderreden immer gut ist, verlange ich auch als Lohnsteuerzahler, mitreden zu können, wieviel Steuern ich bezahlen soll. Aber im Ernst, wozu haben wir ein Parlament gewählt? Um die „spärlichen“ Diäten zu verleben? Sind die nur Stimmvieh? Ich schlage in diesem Fall einige überlegenswerte Neuerungen vor:

Das Parlament wird aufgelöst. Dadurch spart der Staat erhebliche Kosten für Abgeordnete, Minister, Staatssekretäre und den Bundeskanzler. Da nach (in bestimmten Kreisen) herrschender Meinung die Wirtschaft alles besser kann, übernimmt sie die Verantwortung.

Sie schafft die Steuern für Unternehmer und ähnliche ab. Im Gegenzug wird die Lohnsteuer erhöht, und besonders erfolgreiche Unternehmer bekommen noch einen Bonus aus den Steuereinnahmen.

Für erfolgreiche Lobbyarbeit werden die Funktionäre der FDP in die Verbände der Freiberufler und Mittelständler eingegliedert. Die Funktionäre der CDU spalten sich in verschiedene Gruppen. Die einen werden in die Wirtschaftsverbände eingegliedert, und der kleine Haufen der Sozialausschüßler geht in die Emigration und träumt von Jakob Kaiser und von sozialer Gerechtigkeit. Die CSU-Funktionäre gehen ins Kloster und können hier ungestört ihre Telefonsex-Bedürfnisse ausleben. Stoiber besinnt sich seiner Vertriebenenherkunft und wandert in das Land seiner Vorfahren aus. Wolfgang Schäuble ist sein Leben im Rollstuhl leid und schafft es, daß das Parlament im letzten Beschluß festlegt: Die Standspur auf den Autobahnen wird für Rollstuhlfahrer freigegeben. Der Grund: So löst sich mittelfristig die Kostenbelastung der Gesellschaft durch Behinderte auf.

Die Grünen haben sich entschlossen: Sie debattieren ununterbrochen so lange, bis die Fundis nach Kuba auswandern und Castro bei der Verwirklichung des ökosozialistischen neuen Menschen helfen. Die feministischen Frauen werden so lange bequatscht, bis sie wieder gern an Heim und Herd zurückkehren.

Die Reste der SPD-Fraktion spalten sich in Linke und Rechte. Die Rechte wird in der Wirtschaft mit Abteilungsleiterposten versorgt, und die Linke trifft sich in ihren Traditionslokalen und träumt beim Singen von alten Kampfliedern den vergangenen Zeiten nach. Gerhard Schröder erhält als letzter Kanzler das große Verdienstkreuz mit Hundt und Henkel und wird von C & A als Dressman eingestellt.

Arbeitslose gibt es keine mehr. Denn wer keine Arbeit hat, wird mit dem Erlös des ersten Arbeitslosengeldes in der Sahara als Kaktusbauer angesiedelt. Deutschland geht einer glücklichen Zukunft unter der Führung der Wirtschaft entgegen. Wer nicht mehr konsumieren kann, wird als unwertes Leben des Landes verwiesen. Sollte irgendwann niemand mehr hier sein, der noch Produkte kaufen kann, können die Unternehmen endlich ins Land des unbegrenzten Kapitalismus, die USA, auswandern.

Dann kehren die des Landes Verwiesenen und Ausgesiedelten zurück und errichten hier zusammen mit den nicht autobahnfahrenden Rollstuhlfahrern endlich eine neue soziale und gerechte Demokratie. Bernhardt Faaß, Straubenhardt-Feldrennach