Vokalwölfe

■ Black-Metal-Festival: Dødheimsgard bewahren, was Dimmu Borgir verkaufen

Wann immer möglich, geben Dimmu Borgir an, eine Band ohne böse Hintergedanken zu sein. Einfach nur guten Metal zu machen, das genügt den norwegischen Super-Black-Metallern zur eigenen Standortbestimmung. Eine Kompromißhaltung, denn die Gruppe, die sich nach einem isländischen Dämon benannt hat, lebt in Zeiten, in denen professionelle Okkult-Mucker wie die noch erfolgreicheren Cradle Of Filth von zumeist sehr jugendlichen Szene-Nachrückern mit Spott gestraft und manchmal sogar mit dem Tode bedroht werden.

Dahinter steckt die fatale Logik, daß mit steigenden Verkaufszahlen der notwendige Dissidenz-Faktor zwischen Heavy Metal als sich selbst anbetenden Rock-Hölle und Black Metal als notwendiges Negativ dazu schwindet. Und wer will schon zu einem Bund böser Männer aufschauen, die enganliegende Spandex-Hosen tragen und Mädchen nachjagen? Da für Teile des Black-Metal-Untergrunds das Böse auch böse bleiben muß, haben die neuen Herren der Unterwelt die Kategorie des True-Seins erkoren, um den Grad an evilness von Personen oder Bands zu beziffern.

Als untrue, also untragbar, gelten neben den oben genannten auch Gruppen, in denen eine Frau singt, und Gothic-Metal-Schmonze, die das umgedrehte Kreuz gegen eine schwarze Rose eingetauscht haben. Mayhem, Darkthrone oder Gorgoroth hingegen heißen die guten, die sind „true“. Also lautet die Devise für Dimmu Borgir: Ball flachhalten und sich nicht mehr Feinde als nötig machen!

Zum anderen entspringt der Pragmatismus der neuen Ruhmreichen einer kalkulierten Geschäftlichkeit. Wenn schon die Basis blockt, muß eben der finanzstarke Metal-Markt für den Liebesentzug aufkommen. Dimmu Borgir genießen diese Form der Entschädigung in vollen Zügen und treten in ihrer neuen Rolle als fiesester aller globalen Metal-Acts sogar in Pop-TV-Shows auf!

Von solchen Fehltritten sind Bands wie Dark Funeral aus Schweden und Dødheimsgard mindestens 666 Meilen entfernt. Vor allem Dødheimsgard aus Norwegen, deren altertümlicher Name den Ort, an dem der Tod zu Hause ist, benennt, scheinen einzig am stilistischen Weiterkommen interessiert. Auf ihrem aktuellen Minialbum Satanic Art zerkratzt die Ausnahmecombo um Vokalwolf Aldrahn jede Form von Metalbombast. Selbst die eingestreuten Klavierparts sind kein Kniefall vor dem Ideal sinfonischer Schönheit, sondern Teil eines ganz, ganz bösen Musik-Plans.

Metal, so ungenießbar wie Vogelscheiße. Und ist ein Kompliment!

Oliver Rohlf Dimmu Borgir, Dark Funeral, Evenfall, Dødheimsgard: Mo, 29. März, 20 Uhr, Markthalle