Die Partei muß lernen –betr.: „Die stille Sehnsucht nach Opposition“, taz vom 19. 3. 99

Joachim Raschke verfehlt in seinem Beitrag zur Krise der Grünen einen wesentlichen Punkt: Joschka Fischer verkörpert für die meisten Wähler und Anhänger der Grünen am glaubwürdigsten und stärksten die grüne Programmatik (Ökosteuer, Atomausstieg, demokratisches Staatsbürgerschaftsrecht etc.), und zwar gerade auch deshalb, weil er ein pragmatischer Politiker ist, der offensichtich eher als andere merkt, was geht und was nicht geht, und wie es geht. Und weil er es versteht, Akzeptanz für die Grünen bis in die politische Mitte hinein zu schaffen.

Die Anhänger schätzen ihn also, die Parteiaktivisten schätzen ihn eben deshalb nicht. Die Bundesdelegierten der Grünen mißtrauen Joschka Fischer. Die Parteibasis steht insofern der Mehrheit der Grün-Wähler seltsam fremd gegenüber. Darum geht es bei der Strukturreform: Die Wähler der Grünen bilden sich ihre politische Meinung fast ausschließlich über die Medien; darum müssen diejenigen, die die grüne Programmatik am besten vermitteln können, auch an die Spitze der Partei treten. Die Partei muß lernen, sich an den Erwartungen der eigenen Wählerschaft zu orientieren. Die Parteiaktivisten sollten wissen: die Partei, das sind vor allem ihre Wähler; [scheint ein ziemlich homogener Haufen zu sein! d.sin] das ist nicht in erster Linie die Parteiorganisation mit ihren Delegierten. Joschka Fischer hat in den letzten 15 Jahren richtig herausgespürt, wohin die Entwicklung der Grünen gehen muß, wenn sie überleben und Erfolg haben wollen. Es sieht so aus, als ob er auch diesmal wieder recht hat. Leo Brux, München