Rechter Flügel setzt sich durch

■  FDP tritt im Oktober mit Bezirkslisten zur Wahl an. Kritik von den Jungen Liberalen

Sollte der Berliner FDP der Einzug ins Abgeordnetenhaus gelingen, rechnen die Jungen Liberalen mit einer Fraktionsmehrheit des rechtskonservativen Parteiflügels. Die Frage Landesliste oder Bezirksliste „entscheidet über den Flügelkampf in der Partei“, hatte der stellvertretende Landesvorsitzende Rudi Hielscher während des Parteitags am Samstag noch vor der Abstimmung gewarnt. Auch die stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei, Cornelia Schmalz-Jacobsen, sprach sich dafür aus, am 10.Oktober mit einer Landesliste anzutreten. „Die Besten müssen ins Abgeordnetenhaus.“ Vergeblich: Die Befürworter einer Landesliste scheiterten an der Zweidrittelmehrheit.

Damit bleibt es bei den Bezirkslisten, mit denen nach Angaben von Hielscher „höchstwahrscheinlich alle vier Kandidaten der vom rechtskonservativen Flügel beherrschten Bezirke“ ins Abgeordnetenhaus einziehen könnten. Sollte den Liberalen der Einzug in den Preußischen Landtag gelingen, ist mit sieben bis acht Mandaten zu rechnen.

Der Historiker Arnulf Baring nutzte das Forum als Gastredner, um auf die Frage „Braucht Berlin eine Partei der Freiheit“ mit einem Plädoyer gegen die doppelte Staatsbürgerschaft zu antworten. Der Doppelpaß sei ein „Irrweg“, so Baring. Man müsse sich die Frage stellen, „was wir an Ausländern in Deutschland noch ertragen können“. Ausländer müßten sich „unserer Kultur anpassen“, warnte der Historiker, bevor sie hier die Gewohnheiten auslebten, „die sie vom Balkan mitgebracht haben“.

Außer der FDP gebe es in Deutschland nur Parteien, die man „überwiegend als sozialdemokratisch“ bezeichnen müsse. Für die Liberalen sehe er daher ein Wählerpotential von mindestens zehn Prozent, wenn sich die Partei auf die Kernfragen Bildung, Marktwirtschaft und Problematisierung der doppelten Staatsbürgerschaft konzentriere. Baring erntete überwiegend Applaus – lediglich einzelne Delegierte reagierten mit Buhrufen.

Obligatorischen Beifall erhielt auch der Generalsekretär der Partei, Guido Westerwelle, der vor allem die Grünen kritisierte. Die „modische Menschwerdung von Fischer und Trittin“ mache aus diesen noch keine Realpolitiker. Den Ausspruch des Berliner Bundestagsabgeordneten Christian Stöbele, von deutschem Boden gehe wieder Krieg aus, nannte Westerwelle eine „echte Sauerei“.

Im Anschluß verabschiedeten die 350 Delegierten das Wahlprogramm. Landesvorsitzender Rolf-Peter Lange, der mit 329 Stimmen wiedergewählt wurde, verlangte ein Ende der Großen Koalition. „Kaputte Ehen sollten beendet werden, bevor die Unterhaltszahlungen unbezahlbar werden.“

Laut Programm wollen die Freien Demokraten unter anderem die Freie Universität privatisieren und die Bezirksverwaltungen abschaffen. Tempo-30-Schilder hätten in der Innenstadt – außer vor Kindergärten und Schulen – nichts verloren; und auch die Straßenbahn steht auf der schwarzen Liste liberaler Verkehrspolitik: gefordert wird ein Baustopp für Straßenbahnschienen.

Auf eine Koalitionsaussage wollte sich die Partei nicht festlegen. Meinungsumfragen sehen die Liberalen in Berlin ohnehin weiter unter der Fünfprozenthürde. Andreas Spannbauer