Mindestens 40 Tunnel-Tote

■ Vier Tage nach der Katastrophe war gestern die Brandstelle abgekühlt. Vor einem Jahr hatte die Feuerwehr vor Sicherheitsproblemen im Tunnel gewarnt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Grenoble (AFP/dpa) – In den Flammen im Tunnel unter dem Montblanc sind nach einer immer noch vorläufigen Bilanz mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen. Der Feuerwehr gelang es erst gestern – vier Tage nach Ausbruch des Brandes – die Unglücksstelle auf erträgliche Temperaturen abzukühlen. Unter der 30 Zentimeter hohen Trümmerdecke werden noch weitere Opfer vermutet. Die Identifizierung der menschlichen Überreste wird wahrscheinlich Monate in Anspruch nehmen: In der tagelangen Gluthitze sind die meisten fast völlig verkohlt. Unterdessen mehrten sich die Hinweise, daß das Sicherheitskonzept für den 1965 fertiggestellten Tunnel zwischen Frankreich und Italien veraltet war. Nach Zeitungsberichten gab es zudem in den ersten Stunden der Brandbekämpfung Pannen.

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft, die wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt ermittelt, wurde ein Videofilm in dem 11,6 Kilometer langen Tunnel gedreht. Frankreichs Innenminister Jean- Pierre Chèvenement sprach von „entsetzlichen Bildern“.

Bis gestern konnten nur fünf Tote identifiziert werden. Darunter auch ein italienischer Motorradfahrer, der immer wieder in den brennenden Tunnel zurückkehrte und zehn Menschen rettete, bevor er selbst den Flammen zum Opfer fiel. Zu den Überlebenden gehört der belgische Lkw-Fahrer, auf dessen Lastwagen am Mittwoch vormittag das Feuer ausgebrochen war. Der 57jährige berichtete, daß Öl auf das heiße Auspuffrohr getropft sei. „Plötzlich hat es eine Explosion gegeben. Innerhalb von 30 Sekunden war es die Hölle.“

Der Belgier wurde von einem anderen Auto aufgenommen und konnte sich in Sicherheit bringen. Die Insassen von mindestens 34 Lastwagen und Pkw steckten jedoch in einer tödlichen Falle.

Unterdessen geriet die Tunnelgesellschaft ATMB (Autoroute et Tunnel du Montblanc) in die Kritik. Experten bemängeln insbesondere, daß das Belüftungssystem des Montblanc-Tunnels auf dem Stand der 60er Jahre sei und ein Fluchtkorridor fehlt. Die regionale Brandschutzkommission SDIS wies nach eigenen Angaben in jüngster Zeit mehrfach auf Mängel im Sicherheitssystem und unzureichende Notfallpläne hin.

Zeitungen berichteten von Pannen. So sollen noch Autos in den Tunnel hineingelassen worden sein, als das Feuer bereits gemeldet war. Laut einem Sonntagsblatt, sollen zwei Notrufsäulen nicht funktioniert haben. Und der bei Rettungsarbeiten umgekommene Feuerwehrmann Georges Tosello soll kein Sauerstoffgerät dabei gehabt haben, da nicht genügend davon vorrätig waren.