Reaktionen
: Bremer reagieren auf Bomben im Kosovo

■ Grüne und SPD-Abweichler äußern sich zum NATO-Einsatz im Balkan

Die grausamen Fernseh-Bilder vom Montag abend waren es wohl, die gestern nun auch die Bremer Politszene zum Handeln bewogen: Ein fast kompletter Kreisvorstand der Grünen aus Bremen-Nord wagte sich mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit. „Wir distanzieren uns: Schluß mit dem Krieg der NATO gegen Jugoslawien“ titelten die sechs Unterzeichner Susanne Fangmeyer, Jörn Hansen, Heiko Radloff sowie Klaus Treichel-Fangmeyer, Dirk Schmidtmann und Peter Ullrich – und rügten die „pure Heuchelei“ der rot-grünen Bonner Regierung.

Mehr Kritik kam nicht von grüner Seite: Schweigen bei der grünen Basis. Dafür traten die Bremer SPD-Linken in Aktion: Tage nachdem mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete ihre Meinung in einem Schriftsatz kundtaten, arbeiteten sechs Bremer SPDler (under-cover) gestern den ganzen Tag intensiv an einer „Bremer Erklärung zum Krieg in Jugoslawien“. Aber bis zum Abend konnte man sich laut Mitverfasser Helmut Schamberger nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen.

Hintergrund der allgemeinen Textverwirrung: Der Bremer SPD-Bildungssenator a.D. Horst-Werner Franke hatte seine „Genossinen und Genossen“ mit seiner Antwort auf den Entwurf offenbar zum tiefen Nachdenken gebracht: In der vorgeschlagenen Form könne er die Erklärung „nicht unterzeichnen“, ließ er wissen. Sie zeige „wieder einmal die Hilflosigkeit der Linken bei der Formulierung von Leerformeln“. Wer als Lösung „verstärkte Bemühungen um politische Lösungen vorschlage“, gehe mit „Allerweltsformulierungen“ vor, die nichts nützten.

„Weg mit dem Militär und her mit dem Geld des Westens“ für wirtschaftliche Hilfe in Jugoslawien müsse der Tenor sein: „Einer Resolution, die das fordert an Stelle platter Gemeinplätze, stimme ich sofort zu“, schloß Horst-Werner Franke seine einseitige Antwort – und konnte mit diesem Absatz tatsächlich auf „fruchtbaren Boden“ bei den Verfassern stoßen, bestätigte Mit-Autor Helmut Schamberger auf Nachfrage: Man werde die Erklärung nun bis heute weiter überarbeiten.

Im Entwurf hatte es u.a. geheißen: „Wir fordern die NATO auf, die Kampfhandlungen gegen Jugoslawien unverzüglich einzustellen“ – weil das Ziel des Vertreibungsschutzes nicht erreicht worden sei. Außerdem kämpfe die „Bundeswehr gegen ein Land, das schon zweimal in diesem Jahrhundert von Seiten Deutschlands unermeßliches Leid erfahren hat“. Deshalb fordere man „die Bundesregierung auf, die beteiligten Bundeswehreinheiten (auch zu ihrem eigenen Schutz) umgehend abzuziehen und sich verstärkt für eine politische Lösung des Konfliktes einzusetzen.“

Forderungen, die die Grünen in ihrer Erklärung dagegen ganz außen vor gelassen haben: Dort heißt es nur allgemein, die u.a. aus ökonomischer „Ungleichheit“ erwachsene „Unzufriedenheit“ befriede man nicht „mit Gewalt, sondern mit gezielter und kontrollierter wirtschaftlicher Hilfe der reichen Nachbarn im Westen“. Es hätte der „Respekt vor den jugoslawischen Opfern des deutschen Faschismus geboten, daß nicht deutsche Truppen erneut auf dem Balkan zerstören und töten – in wessen Namen auch immer“. kat