Kommentar
: Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften

■ SPD-Quadriga geht hohes Risiko ein

Die SPD-Spitze geht ein hohes Risiko ein. Ihr Vorschlag, zwei Wohnungsbaugesellschaften zu verkaufen, trifft mitten ins sozialdemokratische Herz. Noch vor anderthalb Jahren hatte ein SPD-Parteitag dem Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften einen Riegel vorgeschoben. Höchstens 49 Prozent der Landesanteile dürfen veräußert werden, beschloß die Parteibasis. Doch nun wagt die SPD-Führungsquadriga aus Spitzenkandidat Walter Momper, Parteichef Peter Strieder, Fraktionschef Klaus Böger und Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing einen erneuten Vorstoß. Es ist ein gewagtes Manöver. Um so sorgfältiger hätte die Quadriga dies einfädeln müssen. Doch bei der sonntäglichen Klausur von Landesvorstand und Fraktionsvorstand wurde nur eine Stunde darüber diskutiert. Den Rat, über den Vorschlag noch einmal in Ruhe zu reden, schlug die Quadriga in den Wind.

Der Vorschlag, zwei Wohnungsbaugesellschaften zu verkaufen, ist Teil eines 13-Punkte-Eckpunktepapiers. Es sollte wohl ein Befreiungsschlag werden. Schließlich ist die SPD im Abwind. In den Umfragen am Sonntag sank sie auf 29 Prozent. Das sind fast 10 Prozent Verlust im Vergleich zu Umfragen nach der Bundestagswahl im vergangenen Herbst. Das unglückliche Agieren der SPD-geführten Bundesregierung schlägt voll auf Berlin durch. Die Chancen eines rot-grünen Wahlsiegs schwinden. Die CDU hat mit 35 Prozent die Nase vorn.

Die SPD muß in die Offensive gehen. Doch der Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften ist dafür nicht das geeignete Thema. Egal, wie oft versichert wird, daß Mieterrechte gesichert werden, in der Öffentlichkeit wird es immer als Negativthema wahrgenommen werden. Innerparteilich blüht der SPD eine heftige Debatte. Doch ein konfliktgeladener Parteitag ist kaum geeignet, einen Stimmungsumschwung zugunsten der SPD herbeizuführen.

Offenbar fühlt sich die Quadriga zu viert stark genug, um die Machtprobe mit der Parteibasis zu wagen. Doch ihr Sieg beim Parteitag ist nicht gewiß. Eine Niederlage würde aber auch das Führungsquartett beschädigen. Gewonnen wäre dann gar nichts. Dorothee Winden

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