Der homosexuelle Mann...  ■ Von Elmar Kraushaar

... lacht gerne und am liebsten über sich selbst. Witze, bei denen er im Mittelpunkt steht oder die idiotischen Vorstellungen, die man sich von ihm macht, sind der Renner an jedem schwulen Stammtisch. Die tragische Veranlagung wird zur brüllend komischen Karikatur, besser kann keiner sein Schicksal meistern.

Um so interessanter wird es, wenn dann doch Witze auftauchen, die schwulenfeindlich sein sollen und deren Gebrauch mit harter Strafe geahndet wird. Wie unlängst bei dem SWR-Moderator Elmar Hörig. Der wurde von seinem Sender auf der Stelle gefeuert, nachdem er von schwulen Paaren gesprochen hatte und „warm“ dazu assoziierte oder „von hinten“. Hörig setzen, sechs! Die „unterste Schublade der Schwulenwitze“, befand sein Chef, und warf dem Plauderer „Klischees aus der Klemmi-Zeit der 50er Jahre“ vor.

Natürlich hat der SWR-Zensor Recht, bei dem Gehalt kann man Besseres verlangen. Wenn schon Homo-Witze, dann doch bitte aus der oberen Schublade, bei „warm“ und „von hinten“ lacht heutzutage niemand mehr. Das sind die spießigen 50er Jahre, ganz andere Gags und Klischees verlangen die aufgeklärten emanzipierten 90er.

Zugegeben, das ist schwierig. In einer Zeit, da die Nation seit Jahren eingespielt ist auf Homo- und Hetero-Witze, von Mary von Zentis vorgetragen im Tunten-Tremolo, oder allein die Homoletten-Erscheinung des Brisco Schneider als „Sex-TV“-Moderator in der Sat.1 Wochenshow ausreicht, den Saal zum Kochen zu bringen, da spürt man, daß die alten Kalauer längst überholt sind. Spätestens als die Bild-Zeitung nach dem Mord an Walter Sedlmayr titelte: „Der Mörder kam von hinten“ und damit genial bewies, wie verblüffend kurz eine ganz lange Geschichte erzählt werden kann, ist die „Von hinten“-Nummer für keinen Scherz mehr zu gebrauchen.

Zwar behauptet die Süddeutsche Zeitung, über Hörigs Homo-Humor würde dennoch gelacht, nicht böse und nicht gemein, dafür „kalauermäßig“ passend. Schade, mag man darauf nur antworten, schade, daß sich die zu ventilierende Schwulenfeindlichkeit auf diesem Vorschulniveau bewegt. Homosexuelle haben Besseres verdient, mehr Phantasie und Aufwand, mehr sprachliche Raffinesse und geistige Höhenflüge. Da muß selbst der Meister, der hoch gelobte und mit Auszeichnungen überhäufte Harald Schmidt, noch zulegen. Schließlich glaubt auch der noch, einmal die Stimme kurz angehoben und dazu den kleinen Finger gespreizt reiche aus, die ganze Gemeinde mit einer Lachsalve zu treffen. Die besten Schwulenwitze machen immer noch die Schwulen. Niemand sonst kann so böse sein und so gemein mit seiner Klasse wie der Homosexuelle, der es dem anderen Homosexuellen nicht verzeiht, genau so zu sein wie er selbst.

Deshalb, Elmar Hörig, hätten Sie mal genauer auf Ihre schwulen Freunde hören sollen, von denen Sie angeblich so viele haben in Ihrem Bekanntenkreis. Dann hätten Sie die richtigen Witze gehört, die perlenden und schreienden, die derben und die ganz feinen. Aus erster Hand, aus bester Quelle. Sich aber mit dem Hinweis auf schwule Freunde aus der Affäre ziehen zu wollen und damit den Freibrief zu holen für schlechte Arbeit, ist die einzige Schwulenfeindlichkeit in der ganzen Affäre.