Sorbien muß storbien

■ Weiter Grund zum Jubeln: Die Nato nimmt sich jetzt Lübbenau vor

Aus gesicherten Quellen war gestern abend zu erfahren, die Nato werde baldestmöglich Gesamtsorbien flächendeckend bombardieren. Insider munkeln, der besorgniserregend niedrige Bildungsstand des leitenden US-Navy-Personals sei verantwortlich zu machen für die vermutlich bereits kommende Nacht anzupackende und „eiskalt“ (General Beam) einzuleitende Großattacke. Wie sattsam bekannt, wissen ganze fünfzig Prozent aller am Donnerschlag gegen Serbien beteiligten Offiziere nicht, „was der oder das Kosovo überhaupt ist“ (General Pattern). Möglich, daß der „sicher nicht mehr zu stoppende Feuerhagel wider den sorbischen Faschismus und terroristischen Islamismus“ (Außenminister Fischer) auf einen Tippfehler während der Zieleingabe in den Nato-Großrechner zurückgeht – oder einfach, dekretierte Martin Bangemann, „bei der Gelegenheit in einem Aufwasch mit dem Sorbentum klar Schiff geschrubbt werden kann“.

Was auch den Ausschlag gegeben haben mag, so Nato-Generalsekretär Soljanka, „Schluß zu machen und die Herrschaft des notorischen Störenfrieds und kriminellen sorbischen Querulantentums zu brechen“ – an Erklärungen mangelt es nicht. Jedenfalls wolle man der „Sorbischen Sezessionisten Sektion SSS“ die faire Chance einräumen, vor Ablauf des Ultimatums (11.11 Uhr sorbische Zeitrechnung, XX.YY Nato-Timecode) alle Waffen in den Zentralen Auffanglagern für heimatvertriebene Pistoleros zu hinterlegen. „Außerdem“, wird Soljanka weiter zitiert, „ist es ohnehin egal, ob sie einlenken oder nicht. Befehl bleibt Befehl!“

Soljanka fuhr fort: „Trotz oder meinethalben wegen Bomben: Sorbien muß bluten. Wir haben viel zu lange mit angesehen, wie sich im Herzen Europas ein zu Bestialiät, ruheloser Anstifterei und ungezügelter Schlächterei neigender Stamm roher Burschen, frivoler Weiber und junger Rotzlöffel breitmacht und über die ihm völkerrechtlich nicht einmal zustehenden Grenzen ausweitet wie giftige Eiterblasen von höchster Aggressivität und Infiltrinität.“ „Macht sie zu Sorbet!“ endete seine engagierte Rede vor den besten militärischen Köpfen des Atlantischen Bündnisses. Außenminister Fischer ließ durchblicken, Soljanka habe während der anschließenden vertraulichen Kaminzimmergespräche hartes Durchgreifen gefordert, ja gewünscht, die Sorben zu Brei zu hauen und samt dem Banditen von Cottbus, dem „Führer der Rotte“, einem gewissen Juri Koch, „vier bis mindestens fünf Köpfe kürzer zu kloppen“, „nicht die Spur eines Pardons zu geben“, „voll hinzulangen“, „volles Rohr reinzubrezen“, „die Zeit der Kompromisse“ sei „vorbei“.

Warum diese deutliche Reaktion? Laut diversen Agenturberichten tendierten die Sorben, ein in harten Wintern und heißen Sommern gestähltes Volk der Gauner und Massenmörder, zuletzt immer unnachgiebiger dazu, die Demarkationslinien für unverträgliche Gesangsemissionen zu mißachten und die allgemeine Scham zu verletzen. Das Getöse müsse auf ein erträgliches Maß „nahe sicherlich Null“ (Fischer) zurechtgestutzt werden. Die Planungen sehen vor, zunächst Lübbenau, den Keimherd schlechten Bieres und anderweitiger Umtriebe (Diskotheken), „überwiegend in Schutt und Asche zu legen“ und dann unverzüglich „nachzusetzen“ (Fischer) – nämlich die Uniformstadt Byhleguhre und das „verpestete und von Hetzern, Schweinekerlen und Frechdachsen strotzende Butzen weg- und abzuräumen“ (Fischer). Mit seiner besonnenen Linie konnte sich der deutsche Außenminister gegenüber Soljanka dem Vernehmen nach nicht durchsetzen. Es steht zu befürchten, daß die Nato dessen Weisungen Folge leistet und in einer ersten Angriffswelle den bevorzugten Aktionsraum des Sorbentums, die Berliner Blaschkoallee, erbarmungslos unter Beschuß nimmt, um den Auswüchsen der ethnischen Säuberungen das Wasser abzugraben. „Laßt es krachen!“ gab Soljanka zu verstehen. „Haut rein! Und nicht zu knapp! Zunder! Mir langt's.“

Experten vermuten, die Lage könnte sich dramatisch zuspitzen, sollte die Nato nicht schnell handeln. Internationale Beobachter begrüßen deshalb die jüngsten Entwicklungen. Während der Exilpoet und Sorbenfreund Peter Handke angekündigt hat, ein Protestpurzelbaumschlagen auf dem Heiligen Berg der Sorben, dem Buckel von Vetschau, anzuberaumen, demonstrieren Berliner Fachjournalisten Einigkeit dahingehend, man könne die Gunst der Stunde nutzen und auch gleich „das Ostproblem“ einer gründlichen Lösung zuführen – nämlich den „ungemütlichen Landesteil inkl. Sorbengewese“ (N. N.) „ausräuchern und vom Tisch der Geschichte scheuchen“. Die Winde stehen günstig, die Zeichen prima. Jürgen Roth