■ CSU-Innenminister will Kosovo-Flüchtlinge in Ungarn unterbringen
: Flucht vor der Flucht

Wer Krieg führt, darf vor Flucht und Emigration nicht die Augen verschließen. Das aber tut der bayerische CSU-Innenminister Günther Beckstein. Er will, daß die Flüchtlinge aus dem Kosovo unter anderem in Ungarn und Slowenien beherbergt werden. Feuern diese Staaten Raketen auf Jugoslawien ab? Ungarn ist der Nato erst kürzlich beigetreten und hatte deshalb kaum Einfluß auf die Entscheidungen des Bündnisses, Slowenien gehört ihm nicht an. Der militärische Angriff wird getragen von den großen Kernstaaten des alten Bündnisses – deshalb tragen auch diese die Verantwortung für die Versorgung der Flüchtlinge aus dem Kosovo.

Die Schuld für die bestialische Vertreibung liegt bei der jugoslawischen Regierung. Aber die Mitglieder der Nato müssen eingestehen, daß ihre Attacken dazu beitragen, das Elend zu vergrößern. Sie liefern Jugoslawiens Präsident Milošević den Vorwand, die ethnische Säuberung gegen die Kosovo-Albaner durchzusetzen. Insofern erreicht die Nato gegenwärtig das Gegenteil von dem, was beabsichtigt war. Ein Ziel von politischen und militärischen Interventionen im Ausland ist ja mittlerweile immer, Fluchtbewegungen zu verhindern, die Deutschland Geld und Anstrengung kosten könnten. Wenn Beckstein nun Ungarn und Slowenien zu Aufnahmeländern küren will, hält er an einem mißglückten Plan fest, den die Realität längst überholt hat.

Der andere Teil der Becksteinschen Forderung hingegen geht in die richtige Richtung. Entsprechend bemühen sich die deutschen Innenminister gegenwärtig, die bald eintreffenden Flüchtlinge gleichmäßig in den europäischen Staaten zu verteilen. Nachdem Deutschland weit mehr bosnische Vertriebene aufgenommen hatte als andere Länder, erscheint dieses Ansinnen berechtigt. Die Staaten der Nato kämpfen gemeinsam und sollten die Folgen gemeinsam tragen.

Deshalb müssen sich die reichen Staaten Europas jetzt auf die Ankunft der Flüchtlinge vorbereiten. Es werden weniger kommen als aus Bosnien. Aber Zehntausende werden trotzdem die gefährliche Reise aus dem Kosovo antreten – über das Mittelmeer nach Italien. Anstatt auf Italien Druck auszuüben, seine Grenzen zu schließen, sollte Deutschland Kapazitäten für die Aufnahme zur Verfügung stellen. Doch damit ist es nicht getan: Auch Albanien und Makedonien brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um die Flüchtlinge zu versorgen. Wer Krieg für humanitäre Ziele führt, sollte die Menschen nicht vergessen. Hannes Koch