US-Militär zeigte sich hilfsbereit

100 Jahre Erfinder der „Bananenrepublik“: Die frühere United Fruit Company feiert heute als Chiquita Brands International ihre blutige Geschichte  ■   Aus San Salvador Toni Keppeler

Dieser Konzern ist einzigartig. Es dürfte keinen zweiten geben, der so lange so viele Staaten beherrschte, der so viele Staatsstreiche und Bürgerkriege anzettelte. Und außer dieser Firma dürfte es kaum einer anderen gelungen sein, einen so anschaulichen neuen politischen Begriff zu prägen: den der „Bananenrepublik“. Die Firma hieß einst United Fruit Company. Heute vor hundert Jahren wurde sie gegründet. Weil so viel Blut an ihrer Geschichte klebt, wechselte sie im Laufe der Zeit mehrfach den Namen und feiert heute als Chiquita Brands International ihr Jubiläum.

Die Geschichte des Fruchtkonzerns begann schon vorher: 1871 überließ der costaricanische Diktator Tomas Guardia den US-amerikanischen Brüdern Keith eine Lizenz zum Bau einer Bahnlinie von der Hauptstadt San José zum Atlantikhafen Puerto Limon. 4.000 Menschen wurden bei den Arbeiten vom Gelbfieber hinweggerafft, auch zwei der Gebrüder Keith. Nur der jüngste, Minor C. Keith, überlebte. Und der kaufte dreizehn Jahre später für eine Handvoll Dollars 324.000 Hektar Land und ließ darauf Bananenplantagen anlegen.

Die krumme Frucht war gerade zum Renner in den Vereinigten Staaten geworden, und so machte Keith schnell Millionen.

Genausoschnell weitete er sein Imperium auf Honduras, Guatemala, Nicaragua und Panama aus. Er kam immer mit dem gleichen Trick zu neuen Ländereien: Er bot den jeweiligen Regierungen an, eine Bahnlinie zu bauen, wenn sie ihm im Gegenzug Land übereigneten. In Honduras zum Beispiel bekam er für jeden gebauten Kilometer 500 Hektar Boden. 1899 fusionierte das Keith-Imperium mit der Importfirma Boston Fruit Company zur United Fruit Company.

Die Bahnlinien dienten jedoch nie der nationalen Infrastruktur. Sie schafften nur Bananen zum nächstgelegenen Hafen. Und bald gehörte der Company auch der Hafen, danach das Elektrizitätswerk und danach immer mehr. Wo sie auch operierte, schuf sie Wirtschaftsenklaven, in denen mehr Reichtum produziert wurde als im gesamten Rest des Landes. Und mit diesem Reichtum erpreßte oder bestach sie die Regierungen nach Belieben.

Klappte es einmal nicht nach Wunsch, rief die Company die Marines zur Hilfe. Schließlich war sie ein US-Konzern. Wenn sich Plantagenarbeiter in Gewerkschaften organisierten, waren die Interessen der Vereinigten Staaten in Gefahr. Allein in den Jahren 1912 bis 1924 waren Bananen der Grund für vier US-Militärinterventionen in Honduras.

Am deutlichsten wurde dies 1954 beim Sturz der Regierung Arbenz in Guatemala. Dieser sozialdemokratische Reformer hatte es gewagt, 250.000 Hektar brachliegenden United-Boden für eine Landreform zu enteignen. Der Konzern wurde korrekt entschädigt. Trotzdem sah er – laut einer damaligen Erklärung – in Arbenz „die Bedrohung, die der Kommunismus für das Recht auf Eigentum, das Leben und die Sicherheit der westlichen Hemisphäre darstellt“.

Es fügte sich, daß der damalige Außenminister der USA der langjährige United-Anwalt John Foster Dulles war. Chef des Geheimdienstes CIA war sein Bruder Allen, zuvor United-Präsident. Und John Moors Cabot, der Unterstaatssekretär für inneramerikanische Angelegenheiten, war ein Großaktionär der United Fruit Company.

Die drei bezahlten den guatemaltekischen Haudegen Carlos Castillo Armas, auf daß der mit abtrünnigen Sodaten am 18.Juli auf die Hauptstadt vorrückte. Die US-Armee unterstützte ihn mit massiven Luftangriffen. Arbenz dankte ab und ging ins Exil, Castillo Armas wurde Präsident und gab der United das beschlagnahmte Land zurück. Mit dem Putsch begann in Guatemala nicht nur eine 32jährige Militärdiktatur. Der kürzlich veröffentlichte Bericht der Wahrheitskommission sieht darin auch eine wesentliche Ursache des 34jährigen Bürgerkriegs mit über 200.000 Toten.

Sieben Jahre später bedankte sich die Company für die Hilfe der US-Luftwaffe und stellte ein paar ihrer Schiffe für den Invasionsversuch in der kubanischen Schweinebucht zur Verfügung. General Robert Cutler, ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Firma, saß zu jener Zeit im Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten.

1974 kam es zum letzten Mal zu einem lateinamerikanischen Versuch, die Macht der Company einzuschränken: Die „Union der bananenproduzierenden Länder“ wurde gegründet, um eine einheitliche Exportsteuer von 35 bis 50 Cent pro 18-Kilo-Kiste durchzusetzen. Die Bananenrepubliken wollten wenigstens ein bißchen an dem von ihnen produzierten Reichtum teilhaben. Doch der Konzern hungerte sie aus. Statt zu exportieren, ließ er in Honduras 100.000 Kisten Bananen einfach verfaulen. Danach genügte eine siebenstellige US-Dollar-Summe für den Militärdiktator Osvaldo Lopez Arellano, und Honduras scherte aus der Exportsteuerfront aus. Das eben gegründete Kartell war zerbrochen.

Auch wenn der Stellenwert des Bananenexports für die entsprechenden Republiken heute abgenommen hat und Kaffee meist mehr Devisen einbringt – die Zusammenarbeit zwischen Chiquita und den Sicherheitskräften funktioniert nach wie vor. Vor gut zwei Jahren ließ der Fruchtriese in Honduras brachliegenden Boden räumen, der schon jahrelang von landlosen Bauern besetzt gehalten worden war. Die Soldaten kamen mit Bulldozern und Sturmgewehren. Es gab Tote. Menschenrechtsorganisatoren sprachen von „summarischen Exekutionen“.

Erst vor drei Wochen veröffentlichte der „Internationale Bund Freier Gewerkschaften“ in Brüssel einen Bananenbericht, in dem von einem „schmutzigen Krieg“ gegen Plantagenarbeiter in Honduras, Guatemala, Costa Rica und Panama die Rede ist. In Panama etwa seien im Januar organisierte Arbeiter auf einer Chiquita-Plantage von Sicherheitskräften festgenommen und mißhandelt worden.