Polnische NS-Häftlinge verklagen Bundesregierung

■ Klagen gegen deutsche Konzerne sollen folgen. Ansprüche von zwei Milliarden Mark

Warschau (dpa) – Ungeachtet der geplanten Stiftung zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter wollen polnische Nazi-Opfer gegen die Bundesregierung und deutsche Konzerne vor Gericht ziehen. Mehr als 22.000 ehemalige NS-Häftlinge haben beim Landgericht Bonn Klage gegen die Bundesregierung eingereicht, sagte gestern der Vorsitzende des „Polnischen Verbandes ehemaliger politischer Häftlinge in Nazi-Gefängnissen und Konzentrationslagern“, Stefan Kozlowski.

Die Ansprüche beliefen sich auf etwa zwei Milliarden Mark, so Kozlowski. Die Organisation gehe von Wiedergutmachungssummen aus, die den in den USA zuerkannten Entschädigungen zwischen 20.000 und 220.000 Dollar entsprächen. Damit sollten vor allem Freiheitsberaubung, Gesundheitsschäden und Eigentumsverluste abgegolten werden.

Bis Mitte April will der Verband weitere Klagen gegen die deutschen Unternehmen einreichen, die die „Sklavenarbeiter“ beschäftigt hatten.

Der Verband der NS-Häftlinge betrachte die Klage als „Einladung zu einem Ausgleich“, betonte Kozlowski. „Wir erwarten, daß die Bundesregierung aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht.“ Nach Angaben polnischer Opferverbände leben in Polen noch etwa 520.000 Zwangsarbeiter. Bundeskanzler Gerhard Schröder und die deutschen Industrievertreter hatten sich Mitte Februar auf die Einrichtung einer Stiftung verständigt, aus der bis zu 300.000 ehemalige Zwangsarbeiter und andere NS- Opfer eine Unterstützung erhalten sollen.