Ottmar Schreiner darf bleiben

Es ist entschieden: Bundesgeschäftsführer Schreiner wird auf dem SPD-Sonderparteitag im April von der Basis gewählt. Seine Zukunft ist damit trotzdem nicht sicher  ■ Aus Bonn Markus Franz

„Ach ja, ich habe noch was vergessen“, sagte der ungewöhnlich gut gelaunt aussehende Bundesgeschäftsführer der SPD, Ottmar Schreiner, nachdem er die mit Spannung erwartete Tagesordnung des Sonderparteitages am 12.April in Bonn vorgestellt hatte. „Nach der Rede des Bundesgeschäftsführers erfolgt die Wahl des Bundesgeschäftsführers.“ Mit anderen Worten: Ottmar Schreiner darf bleiben.

Noch letzte Woche konnte sich die SPD nicht darauf einigen, eine Wahl auf die Tagesordnung zu setzen, die Schreiner in seinem Amt bestätigen würde. Schreiner wurde bisher nur vom Parteivorstand ernannt, aber nicht von der Parteibasis gewählt. Durch die Wahl, er ist der einzige Kandidat, wird seine Position gestärkt.

Der künftige Parteivorsitzende, Gerhard Schröder, war sich lange Zeit nicht sicher, ob er den Parteilinken und Lafontaine-Vertrauten im Amt belassen sollte. Noch gestern morgen war das Ergebnis der Parteivorstandssitzung, in der über die Tagesordnung entschieden wurde, ungewiß. Es hieß, wenn Schröder Schreiner loswerden wolle, gebe es keine bessere Möglichkeit, als auf die Wahl des Bundesgeschäftsführers zu verzichten. Schröder hatte aber noch ein anderes Problem. Eine Wahl des in der Partei populären Schreiner ist mit der Gefahr verbunden, daß dieser mehr Stimmen bekommt als Schröder als Parteichef.

Durch den Krieg im Kosovo sind solche Überlegungen in den Hintergrund gerückt. Schröder ist seit dem Berlin-Gipfel gestärkt und kann ohnehin auf ein gutes Ergebnis hoffen.

Außerdem kann sich die SPD in diesen Tagen keine Personaldebatte um ihren Bundesgeschäftsführer leisten. Die aber wäre unweigerlich losgebrochen, wenn Schreiner beim Parteitag am 12.April, der unter dem Motto „Verantwortung“ steht, nicht zur Wahl gestanden hätte. Schreiner kann sogar eine bedeutende Rolle bei der Wahl von Schröder zukommen. Zum einen, weil eine Rede benötigt wird, die, wie es heißt, „den Schmerz über Lafontaines Rücktritt aufgreift“ und „das Herz der Partei mitnimmt“. Schröder kann das offenbar nicht. Zum zweiten, weil mögliche „Querulanten“ die Gelegenheit erhalten sollen, nach der Schreiner-Rede Luft abzulassen. Schröders Rede setzt dann, ohne Widerrede, den Schlußpunkt.

Eine langfristige Entscheidung über die Zukunft Schreiners ist allerdings nicht gefallen. Sicher ist nur, daß er bis zum ordentlichen Parteitag am 5. Dezember bleibt, wo sich Schröder und Schreiner in ihren Ämtern bestätigen lassen müssen. Bis dahin muß Schreiner sich bei Europa-Wahl, Berlin-Umzug und den vier im September anstehenden Landtagswahlen beweisen. Wenn ihm das nicht gelingt, steht Verkehrsminister Franz Müntefering bereit, Schreiners Job zu übernehmen. Dessen zukünftige Rolle in der Partei bleibt noch ungeklärt.

Seine Wahl als stellvertretender Parteivorsitzender ist unbestritten. Es fragt sich aber, ob Müntefering besondere Aufgaben bekommen soll und damit dem nicht gerade als Organisationstalent bekannten Schreiner vor die Nase gesetzt wird. Müntefering hat seine Bereitschaft durchsickern lassen, in der Partei eine besondere Führungsrolle zu spielen. Schreiners Umfeld ist darüber not amused.