Ein Schuß – zwei Tote

Auftakt zur neuen Lesereihe „Literarisches Doppel – Österreich“: Robert Menasse stellte im LCB Wolf Haas vor  ■ Von Cristina Nord

Wolf Haas hat einmal Werbetexte geschrieben. Sehr erfolgreich, obwohl er, als er in die Branche einstieg, schon 30 war und keine Werbeausbildung hatte. Statt dessen blickte er auf eine Promotion über konkrete Poesie zurück und auf einen Aufenthalt im walisischen Swansea, wo er als Uni-Lektor gearbeitet hatte. Mit dem Slogan für den Kultursender Österreich 1 „Ö1 gehört gehört“ wurde der heute 38jährige zum begehrten Texter, ließ die Werbung aber der Kriminalliteratur zuliebe bleiben. Mittlerweile hat er vier Romane veröffentlicht; der jüngste, „Komm, süßer Tod“, wurde im Januar mit dem Deutschen Krimi-Preis ausgezeichnet.

Daß der Mann mit dem antithetischen Namen mal mit Werbung zu tun hatte, ist seinen Büchern anzumerken. Sätze werden auf das nötigste verknappt, Artikel ausgespart, Verben weggelassen: „Rein praktisch gesehen natürlich wieder eine andere Sache“, heißt es da, oder: „Rot ist rot. Auch für die Rettung.“ Das liest sich oft, als wär's gesprochen, zumal Haas mit dem, was Robert Menasse am Montag abend im Literarischen Colloquium „Austriazismen“ nannte, nicht geizt. Wie er überhaupt eine sehr eigene Mischung aus erzählerischer Sparsamkeit und Ausschweifung zuwege bringt. Für einen Plot, der in drei Zeilen erzählt wäre, nimmt er sich ein ganzes Kapitel. Und raubt mit der Pointe dann doch den Atem: Ein gelungenes Wechselspiel aus Be- und Entschleunigung.

Dieses Wechselspiel gab den Takt vor für die Lesung am Montag abend, mit der im Literarischen Colloquium die Reihe „Literarisches Doppel – Österreich“ eröffnet wurde. Jeweils einmal im Monat werden bekannte österreichische Autoren unbekanntere Kollegen vorstellen; Robert Menasse wählte den nur sechs Jahre jüngeren Wolf Haas für den Auftaktabend. Die Betrachtungen des Älteren „entschleunigten“, indem sie das literaturtheoretische Unterfutter besorgten: Menasse lobte den Kriminalroman als die einzige Gattung, die heute realistisches Erzählen gestatte, und brachte das Genre in schöner Lukács-Tradition mit dem Epos in Verbindung.

Haas wiederum stellte je ein Kapitel aus „Komm, süßer Tod“ sowie aus „Der Knochenmann“ vor und war damit für die „Beschleunigung“ zuständig. Wie ökonomisch er arbeiten kann, zeigte sich spätestens, als er am Ende des ersten Kapitels von „Komm süßer Tod“ den Mord schildert, durch den die Handlung in Gang kommt. Nur eine Kugel ist nötig, um gleich zwei Menschen niederzustrecken.

Am 27. April stellt Robert Schindel Sabine Gruber vor