Flughafenautobahn wird teuer für Berlin

■ Gemeinsame Gesellschaft von Bund, Berlin und Brandenburg soll Autobahnbau vorfinanzieren – Zinskosten tragen Länder. Grüne und PDS befürchten Schuldenfalle

Der Bau des Großflughafens Schönefeld wird für das Land Berlin nun doch teurer als ursprünglich geplant. Nach Informationen aus dem Abgeordnetenhaus muß sich Berlin an der Finanzierung des sechsspurigen Autobahnzubringers beteiligen. Dies sehe der Kompromiß vor, auf den sich am Freitag abend Vertreter des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg geeinigt hatten und dem der Senat gestern zustimmte. Zuvor hatte der Senat stets gefordert, der Bund solle den 850 Millionen Mark teuren Ausbau der Autobahn finanzieren.

Nun planen der Bund und die beiden Länder die Gründung einer gemeinsamen Grundstücksgesellschaft, hieß es. In sie bringen Bonn, Berlin und Potsdam ihre Grundstücke ein, die zum Bau des Flughafens gebraucht werden. Mit den Grundstücken als Sicherheit kann diese Gesellschaft dann Kredite aufnehmen, die den Bau des Flughafenzubringers finanzieren sollen. Spätestens ab 2007 wird dann der Bund der Gesellschaft Mittel für den Straßenbau überweisen, womit die Kredite zurückgezahlt werden können. Die zwischenzeitlich angefallenen Zinsen sollen aber Berlin und Brandenburg zahlen. Dabei sei nach groben Schätzungen von 10 bis 15 Millionen Mark im Jahr auszugehen, hieß es gegenüber der taz.

In den letzten Tagen hatten Meldungen die Runde gemacht, wonach Berlin und Brandenburg den Autobahnausbau komplett vorfinanzieren würden. Der Chef der Berliner Staatskanzlei, Volker Kähne, hatte gestern betont, daß diese Presseberichten „so nicht stimmen“. Nähere Einzelheiten des Kompromisses zwischen den Ländern und dem Bund wollte Kähne jedoch nicht benennen.

Die Einzelheiten des 1000seitigen Vertrages sollen noch geheim bleiben, solange die Bundesregegierung noch nicht zugestimmt hat. Dies wird für heute erwartet.

Mit dem Beschluß erscheint nun auch die Zukunft von Tegel und Tempelhof besiegelt. Beide Flughäfen sollen spätestens 2007 ihren Betrieb einstellen. Andere Gedankenspiele, etwa des Wirtschaftssenators Wolfgang Branoner, sind damit offensichtlich realitätsfern.

Nach Auskunft Kähnes ist laut Senatsbeschluß auch die Privatisierung der hochverschuldeten Flughafen-Holding BBF beschlossene Sache. Die Holding ist im Besitz des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg. Sie betreibt die drei Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld. Beschlossen ist von Länderseite auch die für den Flughafenausbau nötige Umsiedlung der Ortschaften Diepensee und Selchow.

Ein Konsortium unter der Führung des Essener Baukonzerns Hochtief wird den neuen Großflughafen nun in einem bislang bundesweit einmaligen Projekt nicht nur planen und finanzieren, sondern auch bauen und privat betreiben. Die Kosten für das Projekt werden auf bis zu acht Milliarden Mark geschätzt. Nach Angaben Kähnes sollen die Verträge in den nächsten Tagen bis Ostern „in der Region“ unterschrieben werden. Zuvor müßten jedoch Juristen sich noch einmal des Vertrages annehmen.

Die verkehrspolitische Sprecherin der PDS, Jutta Mattuschek, sprach von einem Phyrrussieg für die Koalition. Die Belastung der öffentlichen Haushalte seien nicht absehbar. Die PDS werde daher den Rechnungshof einschalten. Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, bezeichnete die Einigung als „verkehrspolitisch falsches Signal“, da eine Schuldenfalle abermals in die Zukunft verlagert werde. Philipp Gessler