Kommentar
: Fahrlässiges Vorhaben

■ Die Große Koalition ist ein Sicherheitsrisiko

Wozu sind Hilfssheriffs auf Berlins Straßen künftig befugt? Dürfen sie demnächst auch ohne die Begleitung von Polizisten Streife laufen und Verkehrskontrollen durchführen? Der Gesetzentwurf, den CDU und SPD am Montag im Innenausschuß vorgelegt haben, ist alles andere als eindeutig. Auch wenn der Innensenator abstreitet, daß die Befugnisse der Hilfssheriffs ausgeweitet werden, ist die Lesart von Opposition und Polizeigewerkschaften schlüssig.

Klammheimlich nutzt die Große Koalition die Umwandlung der umstrittenen Freiwilligen Polizeireserve in einen Freiwilligen Polizeidienst dazu, eine Reservetruppe mit weitreichenden Kompetenzen aufzubauen. Wer Hilfssheriffs nach einem nur zweiwöchigen Lehrgang bewaffnet auf Streife schickt oder Verkehrskontrollen durchführen läßt, handelt fahrlässig. Zu mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger trägt so eine Hilfstruppe nicht bei, das Gegenteil ist der Fall.

Haarsträubend ist auch, wie CDU und SPD das Vorhaben im Eilverfahren durch das Parlament gepeitscht haben: Mitte März wurde der mit heißer Nadel gestrickte Antrag der Koalition im Parlament eingebracht. Dabei wurde sogar vergessen zu regeln, mit welchem Verfahren die derzeitigen Mitglieder der Polizeireserve in den Freiwilligen Polizeidienst übernommen werden. Ein nachgebesserter Entwurf wurde zwei Wochen später in der Sitzung des Innenausschusses als Tischvorlage präsentiert. Nach nur 40minütiger Beratung im Ausschuß wurde der Entwurf dann ruckzuck mit den Stimmen von CDU und SPD verabschiedet. Der Wunsch von Grünen und PDS nach einer weiteren Beratung und der Überweisung an den Rechtsausschuß wurde abgeschmettert.

Eine ausführliche Debatte war offenbar nicht erwünscht. Dann wäre erneut die Abschaffung der Freiwilligen Polizeireserve aufgekommen, die ein Relikt aus dem Kalten Krieg ist. Nicht nur Grüne, PDS und GdP fordern die Abschaffung der Hilfstruppe, auch ein SPD-Parteitag hat dies so beschlossen. Doch erneut ist die SPD in der Inneren Sicherheit eingeknickt, diesmal womöglich nur, weil ihre Abgeordneten die Konsequenzen nicht überblickten. Dorothee Winden