Mit Audi auf den Balkan

■ Eine konstruktive Werbekritik mit Alternativvorschlägen

Unten links das Bild eines schweren Autos, das – von einem Lastkran getragen – in der Luft hängt; oben rechts das Konterfei eines Ritters – mit Schild und Schwert – in voller Rüstung. Dazwischen der Spruch: „For total protection, slip into something more comfortable. The bulletproof fully armoured Audi A8 and A6 security line, from Germany“.

Schon seit einigen Monaten erscheint diese Anzeige in der Zeitschrift The Middle East. Sie wirbt für eine Audi-Vertretung am Persischen Golf – und natürlich für besagte Audi-Autos. In dieser kleinen Werbekritik geht es nicht darum zu fragen, warum die Firma Audi ihre vollkommen schußsicheren Privatpanzer auf diese Weise vorrangig im Mittleren Osten bewirbt. Denn nicht nur im Irak werden Haftminen frei Haus verschenkt, im Jemen wöchentlich zwei Kleinfamilien entführt und mindestens so häufig in der Türkei oder Israel die herrlichsten Autobombenattentate verübt.

Was ist beispielsweise mit dem Amselfeld? Warum versucht die Firma nicht verstärkt, olivgrün gespritzte A8- und A6-Audis auf dem Balkan zu verkaufen – zu gleichen Teilen, versteht sich, damit es nicht heißt, Deutschland sei antiserbisch? Und warum bietet die Firma nicht auch der Bundeswehr ihre kleinen Panzer an, damit unsere Jungs, wenn sie gen Kosovo marschieren, völlig sicher den Frieden sichern – in einer Staffel dieser – dann natürlich Nato-blau lackierten – komfortablen Wunderwagen? Günstige Konditionen könnten ihrerseits für günstige Slogans sorgen: „Deutsche Autos, deutsches Geld – horcht auf, schützen die ganze Welt!“ Oder: „UÇK and Serbs – no matter! Scharping's Soldiers – sponsored and presented by Audi“?

Wenn alle drei Parteien – Warlords und Nato-Truppen – mit solchen Audis ausgestattet wären, würde das den Krieg verlängern, die Angst griffe um sich und noch mehr Menschen würden sich für ein gepanzertes A8- oder A6-Modell entscheiden. „Mit Audi macht Krieg Gaudi“ – ein derartiger Werbefeldzug steigerte die Produktion, verringerte deren Kosten, so daß die Audi-Preise sänken und sich auch weniger wohlhabende Bevölkerungsschichten einen fahrbaren Hochsicherheitstrakt leisten könnten – und zwar weltweit. Zum Beispiel die Brandenburger Skinheads. Die Drohung „Aussteigen, sonst kracht's!“ quittierte jeder Bürger fortan locker mit einem hämischen Grinsen – und dem Spruch „For total protection, slip into something more comfortable... „

Ob die Angreifer den Satz verstünden? Wohl kaum – und ein Grund mehr, ihnen den finalen Schnellstart zu verpassen – „Bei hundert Sachen darf's schön krachen.“ Aber, wie gesagt, diese Kurzkritik soll keine Fragen aufwerfen, sondern Antworten geben: Es geht um das Bild, das die Audi-Anzeige zeigt; jenen Ritter, der in dieser Werbung offensichtlich Stärke und stahlharte Panzerung symbolisiert. Ein Mann in einem Harnisch, der hinter einem großen Schild verschwindet und sich auf ein kreuzförmiges Schwert stützt. Den Kopf durch eine große Blechbüchse geschützt, die aussieht, als stammte sie aus der Requisite eines 70er-Jahre-Sado-Maso-Weichpornos. Passend dazu ein Kettennetz, das zwischen seinen Beinen baumelt.

Kurz: Der maskierte Recke sieht aus wie Leonardo DiCabriolet in „Der Mann mit dem stählernen Eierschutz“. Einzig dieser mittelalterliche egg-protector jedoch könnte einen Araber dazu verleiten, einen der angepriesenen Wagen zu kaufen. Denn der Araber ist ja bekanntlich ein Mann, der zu jeder Zeit und an jedem Ort seinen Sack kratzen muß – und das geht nur so richtig gut, wenn sein Gemächt lose schlackert und nicht festgezurrt ist, weshalb er ja auch das Nachthemd erfand. Sollte Audi tatsächlich einen Kreuzritter, der aussieht, als hätte er gerade Jerusalem von den muselmanischen Heiden befreit, dabei den Männern die Bauchdecke amputiert, einen ganzen Harem vergewaltigt und anschließend zehn kleine Kinder gegrillt und verspeist; sollte Audi also tatsächlich so einen Kreuzritter auserkoren haben, den nahöstlichen Automarkt zu erobern?

Oder ist es umgekehrt? Will Audi gar nicht die Bewohner des Nahen Ostens als Käufer gewinnen, sondern Besucher dieser Region darauf aufmerksam machen, daß sie sich gegen den bombenwerfenden Muslim wappnen müssen? Rassismus auf Rädern? Ein Schelm, der sich so Böses denkt! Denn der Mann in der Rüstung ist sicherlich kein Geringerer als Friedrich II. von Hohenstaufen, Kaiser von Rom, König von Sizilien und Jerusalem, genannt al-en-boror, und der einzige Kreuzritter, der keine wirtschaftlichen Interessen im Nahen Osten verfolgte, sondern rein kulturelle.

Sicherlich! Es lebe das Mißverständnis in der Sprache der Werbung, sonst würde sie so langweilig wie die jenes Bonner Solariums: „Turbobräuner – die neuen Röhren sind da!“ Björn Blaschke