Fischer: „Jetzt nicht wackeln“

■ Kritik aus eigenen Reihen abgewiesen

Bonn (taz) – Außenminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) und Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) haben gestern die Nato-Angriffe gegen die zunehmende Kritik aus den eigenen Reihen verteidigt. Die „Verkehrung von Opfern und Tätern in der Öffentlichkeit“ sei „abenteuerlich“, sagte Fischer. „Wir hätten offenbar warten müssen, bis die ersten Massaker beginnen, um die Kritiker ruhigzustellen.“

Fischer und Scharping betonten, daß der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević schon im Januar eine „Frühjahrsoffensive“ vorbereiten ließ. Es sei daher falsch, die Nato-Angriffe für die Eskalation im Kosovo verantwortlich zu machen. Das Kriegsziel von Milošević sei die Vertreibung der Kosovo- Albaner. Scharping zufolge gehen Armee, paramilitärische Einheiten und Sonderpolizei bei der Räumung von Dörfern systematisch „mit deutlich ausgeprägter Brutalität und einem ungeheuren Maß an Grausamkeit“ vor. Es gebe Anzeichen für „eine systematische Ausrottung, die an das erinnert, was zu Beginn des Zweiten Weltkriegs im deutschen Namen angerichtet worden ist, zum Beispiel in Polen“. Scharping sprach außerdem von „starken Hinweisen auf im Kosovo eingerichtete Konzentrationslager“.

Der Verteidigungsminister wies auf Parallelen zum Krieg in Bosnien hin – allerdings mit einem wichtigen Unterschied: der Geschlossenheit der westlichen Staatengemeinschaft gegen die jugoslawische Führung. Fischer ergänzte: „Jede der beteiligten Regierungen, die jetzt anfängt zu wackeln – was ich für völlig falsch hielte –, würde Milošević eine Chance bieten und dadurch eine nicht vertretbare Verantwortung auf sich nehmen.“ Deswegen, so Fischer, „stehen wir in voller Festigkeit“. Markus Franz