Fernost-Action aus Berlin

■ Wo George draufsteht, ist auch Schimanski drin („Die Entführung“, 20.15 Uhr, Sat.1)

Ein Mann am Fenster eines Bürogebäudes. Musik spielt auf, und man sieht: Erstens, es ist Götz George, zweitens, dies ist ein Mann und seine Firma, sprich sein Lebenswerk, und drittens, schon bald wird nichts mehr so sein, wie es war. Und so ist es natürlich auch. Denn die Bedrohung lauert schon in den finsteren Fabriketagen: Gangster planen Übles, und auch die Musik wird vor Schreck ganz duster.

In wirklichen Thrillern ist es ja wie im wirklichen Leben, niemand ist ohne Tadel. Kaum hat man sich einigermaßen eingefühlt in den Helden, geht auf einmal die Ehefrau mit dem ehemaligen Geschäftspartner ins Bett, sein Sohn hat eine Affäre mit der eigenen Tochter, alle Konten sind gesperrt, und an allem ist man auch noch selber schuld. Zumindest ein bißchen. Oder so ist es wenigstens in „Die Entführung“, dem Start in den „Frischen Frühling“ von Sat.1.

Der ganze Film ist um Götz George herumgebaut. George gibt den Firmenchef mit Herz, eine überzeugende Mischung aus Machtbewußtsein und Zerstreutheit, irgendwo zwischen Wohlanständigkeit und Mafia-Kontakten. Er ist so jemand, dem das Diamantencollier, das er seiner Frau zum Geburtstag schenkt, beim Überreichen herunterfällt, weil ja in Wirklichkeit die Gefühle zählen und nicht so profaner Schnickschnack wie Brillanten. Trotzdem wären alle anderen Geschenke erst recht unter Niveau. Und diese Fixierung auf die Hauptfigur hat ihr Gutes. Denn wenn man einmal nicht auf Götz George guckt, sondern einen halben Blick auf die Geschichte riskiert, ist die manchmal etwas dünn.

Da gibt es dann einen etwas unvermittelt im Raum stehenden Giftmüllskandal, und selbst der unterbelichtetste Provinzkommissar dürfte mittlerweile kapiert haben, daß man bei Geldübergaben mit gefährlichen Entführern den Peilsender nicht einfach so in den Koffer legen kann – entdeckt der Bösewicht beim Geldzählen. Nix gut für Geisel. Wahrscheinlich zur Strafe verschwindet der Kommissar dann auch einfach aus der Geschichte, ohne irgendwie herauskomplimentiert worden zu sein.

Immerhin wird auf Berlinklischees verzichtet, und das macht den Film dann doch sympathisch. Und wenn er sich zum Showdown noch ein wenig in Richtung fernöstliches Actionkino bewegt, ist man fast versöhnt mit Entführern, die die Zelle der Geisel zwar elektronisch absichern, aber den Deckel der Konservendose vergessen, auf daß sie ihre Fesseln durchschneiden kann, was dann aber niemanden interessiert. Zeitlupe, wem Zeitlupe gebührt: den Guten, den Bösen und dem durch die Luft fliegenden Geldkoffer. Tobias Rapp