Eine schottische Prozeßinsel in den Niederlanden

■ Das Verfahren gegen die mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter ist historisch einmalig

London/Den Haag (dpa) – Zwei libysche Angeklagte vor einem schottischen Gericht in den Niederlanden – so etwas hat es in der internationalen Rechtsgeschichte noch nie gegeben. Die rechtliche Grundlage für die Verlegung eines nationalen Verfahrens in ein anderes Land bilden spezielle UN-Resolutionen und ein Sondervertrag zwischen Großbritannien und den Niederlanden. Mit dem Internationalen Gerichtshof oder dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag hat der Prozeß nichts zu tun.

Die britische Regierung argumentiert: Der Anschlag wurde in Schottland verübt, Schottland kann ein rechtsstaatliches Verfahren garantieren, also kommt nur ein schottisches Gericht in Frage. Die einzigen Zugeständnisse: Statt in Schottland tagt das Gericht in den Niederlanden, und wenn die Angeklagten verurteilt werden sollten, dürfen Vertreter Libyens und der UN die Haftbedingungen in Schottland überprüfen. Die Regierung in Den Haag beschränkt sich nach den Worten von Außenminister Jozias van Aartsen darauf, „ein Stückchen niederländisches Staatsgebiet“ zur Verfügung zu stellen. Aus Sicherheitsgründen fiel die Wahl dabei auf einen verlassenen US-Militärstützpunkt bei Utrecht. Für Organisation und Finanzierung des Verfahrens ist Großbritannien zuständig.