„Gefühl der Bedrohung“

■ Anschlag auf Geschäftsstelle der Hamburger Grünen wegen Kosovo-Krieg

Schock bei den Realos, Unverständnis bei den Parteilinken. Unbekannte Täter haben über Ostern einen Anschlag auf die GAL-Landesgeschäftsstelle in der Curienstraße in der Hamburger Innenstadt verübt, um gegen die rot-grüne Zustimmung zum Kosovo-Krieg zu protestieren. An die Wand sprühten sie die Parole „Grüne Kriegstreiber angreifen“, an die Büro-Tür klebten sie mit Fadenkreuzen versehene Porträts von US-Präsident Bill Clinton und dem bündnisgrünen Bundesaußenminister Joschka Fischer und schossen mit scharfer Munition.

„Das macht ein Stück fassungslos“, kommentierte gestern GAL-Landesgeschäftsführer Peter Schaar den „unglaublichen Vorgang“. Damit „ist die Tabugrenze verletzt worden“, wetterte Schaar und sprach von „Einschüchterung“. Welchem Täterkreis die gewalttätigen GegnerInnen des Kososvo-Krieges angehören könnten, darüber wolle er aber nicht spekulieren.

„Derartige Formen der Auseinandersetzung sind geschmacklos“, äußerte sich eindeutig auch Manfred Mahr, innenpolitischer Sprecher der GAL und einer der Kritiker der Kriegsbefürworter bei den Grünen. „Man soll sich scharf streiten, aber nicht mit solchen zurückgebliebenen Methoden.“

Peter Schaar hatte gestern die Spuren der Attacke entdeckt. Nach ersten Erkenntnissen waren die Akteure über eine Leiter ins Treppenhaus eingestiegen, um, so Schaars Vermutung, in die Büroräume im zweiten Stock einzubrechen. Doch an der Stahltür endete ihr Weg. Dort brachten sie die Bilder von Clinton und Fischer an und schossen sechsmal scharf auf Tür und Konterfeis. Ein Bekennerschreiben ließen die Akteure zwar nicht zurück, dafür aber die Patronenhülsen der Projektile. Zur Freude des Staatschutzes, der die Ermittlungen übernommen hat.

Unter den fünfzig MitarbeiterInnen der grünen Fraktion, die in dem Komplex untergebracht sind, herrscht jetzt „ein latentes Gefühl der Bedrohung“, so Sprecherin Tina Fritsche. Die Aktion, fürchtet sie, könnte „Nachahmer und Tritbrettfahrer“ finden. kva

Siehe auch Seite 7