Die Jobs sollen umziehen

Mit der Umzugsbörse im Internet soll Bonnern und Berlinern geholfen werden: Jobs und Wohnungen tauschen, Häuser kaufen, Schulen besichtigen – alles ist möglich  ■   Von Annette Rollmann

Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Assistentin bei einem Bundestagsabgeordneten wird gesucht. Ausdrücklich soll es eine Frau sein, die neben dem Abitur und Studium der Geisteswissenschaft auch Bürokauffrau gelernt hat. Oder wie wäre es mit einem Job als Referent in der SPD-Fraktion, der die Arbeit von Fraktion und Bundestag begleitet? Ein drittes Angebot: Im Bundespresseamt soll jemand russische Fernseh- und Hörfunksendungen beobachten und auswerten. Per Mausklick ins Internet und die Kontaktaufnahme zu diesen und anderen Stellenausschreibungen ist möglich. Die Umzugsbörse, die seit drei Wochen von der Monatszeitung Behördenspiegel veröffentlicht wird, will den Umzüglern zwischen Bonn und Berlin das Leben erleichtern. Unter www.umzugs boerse.de kann man Jobs tauschen, Wohnungen mieten, Häuser kaufen oder auch nur für die Zeit während der Woche eine Unterkunft in ehemaligen Kinderzimmern von Bonner und Berliner Beamtenfamilien finden.

Für die rund 20.000 Personen nebst Ehefrauen und Kindern, die vom Umzug von Bonn nach Berlin betroffen sind, und den knapp 2.000 Menschen, die im Gegenzug in die rheinische Provinz ziehen, will die Börse ein Forum bieten. „Es gibt genug Leute, die wollen partout nicht umziehen. Wenn sie in der Jobbörse jemanden zum Tauschen finden und der Arbeitgeber zustimmt, können die Leute in ihrer Stadt bleiben“, erklärt Uwe Proll die Idee, der seit drei Wochen eingerichteten Umzugsbörse. In der Theorie heißt das Prinzip: Die Jobs ziehen um, nicht die Menschen.

Doch grau ist alle Theorie: Oft blocken die Behörden nach Aussage von Proll bei Tauschvorschlägen auch ab. Nach seinen Vermutungen befürchten die Behörden, daß Funktionsträger nicht einfach durch Neubesetzungen ersetzt werden können, und schließlich die Qualität der Arbeit in den Dienststellen insgesamt darunter leidet. Deshalb gebe es auch bei einigen Ministerien Vorgaben, welche Behörden miteinander tauschen dürften. So sei es beispielsweise den Mitarbeitern des nach Berlin ziehenden Bundesfinanzministeriums erlaubt, mit dem nach Bonn ziehenden Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen und für Kreditwesen zu tauschen. Das Bundeskanzleramt darf mit dem Statistischen Bundesamt sein Personal auswechseln und das Bundesbauministerium mit der an den Rhein ziehenden Bundesbaudirektion.

Bei 300 Angeboten und Anfragen, die bislang eingegangen sind, wissen wir von einem Treffer, sagt Proll. „Wir haben ein Dankesfax bekommen.“ Doch hofft er natürlich, daß die Tauschbörse noch mehr Beamten und Angestellten hilft, einen vergleichbaren Job auch nach dem „Wegzug“ der eigenen Stelle zu finden. Die Angebote und Nachfragen der Börse würden sich mittlerweile täglich erhöhen. Proll: „Das muß sich erst herumsprechen.“ Aber auch Familienangehörige, die durch ihren Partner vom Umzug der Bundesregierung und der Behörden in die eine oder andere Himmelsrichtung betroffen sind, können die Umzugsbörse anklicken.

Seit 14 Jahren bereits versorgt der Behörden Spiegel Monat für Monat die Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen mit aktuellen Informationen zum Beispiel zu Rechtsentwicklungen im Dienst- oder Vergaberecht. Wirtschafts- und zahlreiche andere Themen füllen das Blatt, in den letzten Jahren gewann aber vor allem die Beilage Die Umzugszeitung an Bedeutung.

In nächster Zeit soll zu den genannten Rubriken noch ein Veranstaltungskalender rund um den parlamentarischen Betrieb hinzukommen. In welcher Landesvertretung findet ein Fest statt, welcher Verband organisiert einen Diskussionsabend, wer veranstaltet einen interessanten Vortragsabend. „Viele Leute kommen ohne Familien und wollen sich abends irgendwo treffen“, umschreibt Uwe Proll den Hintergrund des Angebots.

Zudem will der Behörden Spiegel weitere Links zu interessanten Seiten im Internet einrichten. Die Berliner Verkehrsgesellschaft mit Fahrplänen und Anschlüssen ins Berliner Umland ist ein Beispiel. Aber der Behörden Spiegel will auch Telefonnummern und Namen von Einwohnermeldeämtern, Schulen und KFZ-Zulassungsstellen des Berliner Umlands veröffentlichen. Vorläufig wird aber hauptsächlich unter dem Stichwort Kontaktaufnahme zwecks Stellensuche gelinkt: „Durch Mausklick auf die Chiffre senden Sie eine E-Mail an den Behörden Spiegel ab. Die Redaktion wird dann den Kontakt zwischen Ihnen und dem Anbieter herstellen. Bitte vergessen Sie nicht, eine Kontaktadresse und Telefonnummer anzugeben!“

Damit die Bonner, die nach Berlin ziehen, ihre dringenden Fragen erst einmal persönlich besprechen können, veranstaltet der Behörden Spiegel in der Bonn-Bad Godesberger Stadthalle am 13. Juni ab 10 Uhr eine Umzugsbörse. Immobilienunternehmen, Versicherungen, die Post und Telekom sowie verschiedene Umzugunternehmen werden die Umzügler beraten und ihre Dienste anbieten. Zudem werden rund 30 Kurzvorträge organisiert, wobei es um Themen wie Bundeswohnungen in Berlin geht, Job-Tickets und das Mietrecht. Die Berliner Schulverwaltung wird vertreten sein und über das Schulsystem in Berlin und Brandenburg aufklären. Wenn die Eltern eines Bonner Achtklässlers kommen und erzählen, ihr Sohn hätte Griechisch und Latein, Französisch solle in der zehnten Klasse noch hinzukommen, hätten sie mit dieser Kombination in Berlin bei den meisten Gymnasien schlechte Karten. Proll weiß aus Erfahrung: „Die ziehen dann erstmal regelmäßig ein langes Gesicht.“

„Es gibt Leute, die wollen partout nicht umziehen. Wer den Job tauschen kann, bleibt in seiner Stadt.“