Sri Lankas Regierung gewinnt in den Provinzen

■ Ruhiger Wahltag nach blutigem Wahlkampf. Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr könnten mit Referendum über stärkere ethnische Autonomie verbunden werden

Delhi (taz) – Die Wahlen für die Provinzräte in fünf der sieben Regionen Sri Lankas sind mit einem Sieg der regierenden Volksallianz zu Ende gegangen. Nach vorläufigen Ergebnisse erhielt sie gestern 43 Prozent der Stimmen. Die Oppositionspartei UNP bekam demnach nur 42,5 Prozent.

In der Western Province mit der Haupstadt Colombo ist die Mehrheit gegenüber der UNP so schmal, daß die Linkspartei JVP mit sieben von insgesamt 100 Sitzen beiden Parteien zu einer Mehrheit verhelfen könnte. Beobachter erwarten, daß die UNP in einer Reihe von Wahlbezirken die Resultate anfechten wird. Sie wird sich dabei auf die zahlreichen Meldungen von Unregelmäßigkeiten stützen ebensowie auf die außerordentliche Welle von Gewalt, die den Wahlkampf begleitet hatte. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp über 70 Prozent.

Unabhängige Beobachter hatten im Vorfeld der Wahl über 1.000 blutige Zwischenfälle registriert, die von physischer Bedrohung und tätlichen Angriffen bis zu insgesamt sechs politischen Morden gingen. Im Gegensatz dazu verlief der Wahltag selbst relativ ruhig, wie eine der drei Beobachtergruppen, das Centre for Monitoring Election Violence (CMEV), bezeugte. Die knapp 6.000 Wahllokale wurden von der Polizei bewacht. Politische Beobachter führen die Gewalttätigkeit auf das Klima politischer Aggressivität zurück, das der 16jährige Bürgerkrieg mit seinen zahlreichen politischen Morden dem Land beschert hat. Sie ist aber auch das Resultat der tiefsitzenden Feindschaft zwischen der Regierungspartei und der UNP-Opposition.

Die für die Machtausübung wenig bedeutsamen Provinzwahlen waren zudem ein Gradmesser für die Popularität der Regierung und ihres Plans einer Autonomieregelung. Im nächsten Jahr finden Präsidentschaftswahlen statt, und es ist wahrscheinlich, daß Präsidentin Kumaratunga daraus in irgendeiner Form ein Referendum für neue Strukturen einer ethnischen Autonomie machen wird. Dies wird vor allem den Forderungen der Tamilen nach einer eigenen Verwaltung entgegenkommen.

Im hitzigen politischen Klima Sri Lankas ist es erstaunlicherweise die liberale Präsidentin – sie hatte an der Sorbonne politische Wissenschaften studiert – , welche jede Kritik als einen persönlichen Angriff interpretiert. In den letzten zwei Wochen war etwa das CMEV einem Dauerfeuer von Verdächtigungen ausgesetzt, die von Verbindungen mit der Opposition bis zu Spionagetätigkeit für die USA gingen. Kumaratunga hat schon in der Vergangenheit gezeigt, daß die Grundrechte, für die sie zu Beginn ihrer Amtszeit eingestanden war, nicht viel gelten, wenn sie ihr im Weg stehen.

Ein großer Teil des Landes ist seit Jahren im Ausnahmezustand, und dies macht es der Regierung leicht, eine Pressezensur zu betreiben und Verhaftungen vorzunehmen, die sich nicht immer mit dem Hinweis auf den Krieg gegen die Tamilischen Befreiungstiger (LTTE) rechtfertigen lassen. Für P. Saravanamuttu, den Gründer von CMEV, ist dies nicht nur Paranoia, sondern spiegelt die Regierungsstrategie wider, die den Stimmen der Zivilgesellschaft einen Maulkorb umhängen will. Die LTTE kämpft für eine Unabhängigkeit der etwa 3,3 Millionen Tamilen im Norden der Insel. Dem Krieg fielen bisher über 57.000 Menschen zum Opfer. Bernard Imhasly