Handwerk der Opposition

■ Hamburger Bürgerschaft debattiert über die Vergabe öffentlicher Aufträge

Unter der Rubrik „Biographien“ im „Handbuch der Hamburgischen Bürgerschaft“ ließ der CDU-Abgeordnete Jürgen Mehlfeldt zu seiner Person eintragen: „Handwerksmeister und Obermeister der Innung Schneid- Schleiftechnik und Büchsenmacherinnung. Vizepräsident Bundesverband Schneid- und Schleiftechnik. Vorstandsmitglied Handwerkskammer Hamburg. Vorstandsmitglied Gesamtverband des Hamburger Handwerks.“ Gestern in der Bürgeschaft nutzte Mehlfeldt das Rederecht als Politiker, seinem gesammelten Frust als Handwerksmeister Luft zu machen: Erst habe die Stadt Unternehmen wie die Stadtreinigung oder die Hamburger Hochbahn „pseudoprivatisiert“, und nun würden diese Unternehmen auch noch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt.

Von Transparenz oder Chancengleichheit könne keine Rede sein, solange Senatoren einerseits öffentliche Aufträge ausschrieben und zugleich im Aufsichtsrat der sich bewerbenden „halböffentlichen“ Unternehmen säßen. Das sei „politisch unsauber“, grenze an „Schizophrenie“ und zerstöre die Wirtschaftsstruktur dieser Stadt. Rot-Grün, giftete Mehlfeldt, sei eine „Spielwiese für Ideologen, die nie einen Betrieb leiten mußten“.

Die SPD-Abgeordnete Britta Ernst räumte ein, es liege „Zündstoff“ im Einsatz von öffentlichen Unternehmen. Die Stadt müsse sich aber für das wirtschaftlichste Angebot entscheiden. Bei gleichlautenden Offerten sei es legitim, ein öffentliches Unternehmen zu bevorzugen, wenn dieses besonders frauenfreundlich arbeite, ausbilde oder seine Angestellten nach Tarif bezahle.

Norbert Hackbusch von der GAL plädierte gemeinsam mit Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) dafür, etwaige Beschwerden verstärkt beim Namen zu nennen. Der zuständige Vergabeüberwachungsausschuß sei seit 1994 nur 14mal angerufen worden; nur zwei Vergaben seien revidiert worden. „Allgemeine wolkige Hinweise“ auf Verstöße, so Nümann-Seidewinkel, reichten nicht.

Die Debatte über die Vergabe öffentlicher Aufträge soll demnächst im Wirtschaftsausschuß der Bürgerschaft weitergeführt werden, lautete schließlich der einstimmige Beschluß des Parlaments.

Heike Haarhoff