Die wunderbare Raserei der Ilse Lau

■ Die Vorschau: Unvergeßlicher Hardcore mit The Ex, Buckethead und Ilse Lau

Ende der Siebziger würfelten ein paar Leute aus Amsterdam aus, wer in ihrer neugegründeten Band welches Instrument spielen sollte. Sie konnten alle nichts so richtig spielen, weshalb sie ganz unbelastet die Rollen neu verteilen konnten. Zwanzig Jahre später ist oberflächlich betrachtet nicht mehr viel von damals übriggeblieben. Zumindest klingen The Ex so ganz und gar nicht mehr, wie eine Punkrockband nach landläufiger Vorstellung klingen sollte. Nur der Spirit, nicht in durchgesetzten Topoi zu verharren, ist geblieben, weshalb sie mit Leuten jedweder geographischen wie musikalischen Provenienz zusammenarbeiten. So traten sie auf dem Moerser Jazz-Festival auf, spielen mit Improvisateuren und im Prinzip jeder und jedem zusammen, solange die Attitüde stimmt, nehmen afrikanische Musiker mit auf ihre Konzertreisen und sind nebenbei noch mit dem eigenen Label und sonstigsten Aktivitäten beschäftigt.

Ihre jüngste Platte haben The Ex bei Steve Albini in Chicago aufgenommen, einem Typen, der einerseits ein legendärer Musiker ist und andererseits als Produzent gerühmt wird. Sogar Robert Plant und Jimmy Page griffen unlängst auf seine Fähigkeiten zurück. Mit jenem Albini jedenfalls haben The Ex „Starters Alternators“ aufgenommen und das Werk nachher dem Cellisten Tom Cora gewidmet, der seit Jahren ein Freund und immer gern gesehener Begleiter der Band war. Was dabei entstanden ist, gibt es am Samstag im Wehrschloß zu hören: Flirrende Gitarren dissonieren auf rumpelnden Grooves, die kaum vor etwas zurückschrecken, gern auch einmal zugunsten freier Ausbrüche zurücktreten, aber trotz aller Verschrobenheiten auch einfach mal rocken.

Außerdem: Buckethead aus Hannover und Ilse Lau aus Bremen. Buckethead, Nachfolgeorganisation großer hannoveraner Lärmer, deren Auftritte schon diverse Male wegen überstürzt eingetretener Vaterschaften abgesagt werden mußten, kommen diesmal wirklich und pflegen ihre Mischung aus Spielwitz, Pop und Krach mit eingestreuter Version des Bronski-Beat-Heulers „Smalltown Boy“ in einer gummiballartigen Show auf die Bühne zu bringen.

Ilse Lau, ebenfalls mit wohlbeleumdeter Vergangenheit, sind neu und kompliziert und wer wissen will, wohin die Reise geht, dem seien hier Die Auch (wo einer von ihnen mal gespielt hat), Laddio Bolocko (bei denen sie alle mit leuchtenden Augen vor der Bühne standen) und die Empfehlung eines alten Kumpels des Autoren als Anhaltspunkte gegeben.

Das alles im Wehrschloß, Home of unvergeßliche Hardcore-Happenings, mit Lichthof und Garten, sowie finanziellen Problemen nicht zuletzt wegen der Ausländersteuer und also unterstützenswert.

Andreas Schnell

The Ex, Buckethead und Ilse Lau: Samstag ab 20 Uhr im Wehrschloß