Plagiat und unfairer Disput

■ Um Studierende vor Themenklau zu schützen, sollen Unis nun Selbstkontrollen einrichten

„Das hat alles ganz schleichend angefangen“, erinnert sich Mike T. Früher sei das Verhältnis zu seinem Geschichts-Professor sehr gut gewesen – und sehr klar: „Er war der Lehrer, ich der Schüler.“ Bis Mike mit seiner Doktorarbeit begann. Da war er für den Doktorvater kostenloser Ideenlieferant. Vor einem knappen Jahr veröffentlichte der Professor ein Buch über das gemeinsame Forschungsgebiet – unter seinem eigenen Namen. „Dabei hätte nicht nur mein Name mit auf den Umschlag gehört“, ärgert sich Mike, „sondern auch der einiger anderer Leute.“

„Wissenschaft“ riecht nach Ehrwürdigkeit, Unbestechlichkeit und edlem Erkenntnisinteresse. Doch um weiterzukommen, schrecken manche ProfessorInnen nicht davor zurück, sich mit fremden Federn zu schmücken. Bekannt werden nur wenige Fälle. „Das Problem liegt oft in der Beweisbarkeit“, sagt Marian Paschke, Professor für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität Hamburg. Gerade bei Gesprächsinhalten sei die Lage schwierig: „Da steht Aussage gegen Aussage.“

Deshalb wird auch Mike kein Verfahren gegen seinen Professor anstrengen. Wie sollte er beweisen, daß die Hälfte der Ideen in dem Buch von ihm kamen? In seinem Buch dankt der Prof Mike lediglich im Vorwort. „Er weiß genau, was er tut“, sagt der Doktorand. Denn um der Veröffentlichung von Mikes Doktorarbeit zuvorzukommen, schrieb der Professor „sein“ Buch in acht Wochen.

„Oft ist den Lehrenden ihr Fehlverhalten gar nicht bewußt“, sagt Wilfried Hartmann, Vizepräsident der Universität Hamburg. „Die denken, sie hätten die Ideen selbst gehabt oder die Ergebnisse gehörten ihnen, weil sie die Aufgabenstellung vorgegeben haben.“ Auch dann ist die Rechtslage eindeutig: Das Urheberrecht hat derjenige, der die Ergebnisse produziert.

Nach einigen spektakulären Fällen hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Januar Empfehlungen zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft herausgegeben. Neben Ideendiebstahl wird die Fälschung von Daten angesprochen. In einer Erklärung riet die Hochschulrektorenkonferenz daraufhin den Universitäten, eine Kommission und eine Ombudsperson zu ernennen, an die sich die Bestohlenen wenden können. Gilt nach Uni-interner Prüfung ein Professor als schuldig, drohen ihm der Entzug von Lehrbefugnis, akademischen Graden sowie zivilrechtliche Konsequenzen, etwa Schadenersatzforderungen. Einige Universitäten wie Mannheim und Freiburg haben bereits Kommissionen eingesetzt, Bremen und Hamburg arbeiten an eigenen Modellen. Ganz freiwillig entfaltet sich dieses Engagement nicht: Die DFG will an Einrichtungen, die die Empfehlungen nicht umsetzten, „keine Fördermittel mehr vergeben“. Heike Dierbach