■ Der zum Tode verurteilte Helmut Hofer kommt gegen Kaution frei
: Teheraner Menschenschacher

Helmut Hofer kann aufatmen. Zwar darf er Iran voraussichtlich vorerst nicht verlassen, aber er muß nicht mehr um seinen Kopf fürchten. Irans Justiz und Staatsführung suchen nach einem Ausweg aus der Affäre, die zunehmend zur peinlichen Belastung wurde.

Nach iranischem Recht hätte Hofer nie verurteilt werden dürfen. Zu einer Verurteilung wegen „Unzucht“ bedarf es entweder eines Geständnisses beider Beteiligten oder vier direkter unabhängiger männlicher Augenzeugen. Beides hat es bei Hofer nie gegeben. Daß der deutsche Geschäftsmann dennoch zweimal zum Tode verurteilt wurde, zeigt, wie ernst es die iranische Justiz mit den eigenen Gesetzen nimmt.

Und es nährt Gerüchte über die politische Dimension des Falles. Wollte der iranische Geheimdienst Hofer als Geisel halten, als Austauschobjekt gegen den in Berlin inhaftierten Mykonos-Attentäter Kazem Darabi? Diente Hofer dem konservativen Justizapparat als Marionette, um die von dem reformorientierten Präsidenten Mohammad Chatami betriebene Politik der Wiederannäherung an den Westen zu sabotieren? Schade, daß iranische Politiker so selten Memoiren schreiben, sonst erführen wir die Hintergründe wenigstens in einigen Jahren.

Fest steht, daß in Teheran in den vergangenen Monaten um Hofer gefeilscht wurde. Der sich selbst gerne als nur der Gerechtigkeit verschrieben darstellende Justizchef und Hardliner Mohammad Jasdi betrieb Menschenschacher übelster Art. Ginge es tatsächlich gerecht zu, sie gehörten entlassen, Hofer auf der Stelle freigelassen und entschädigt. Statt dessen haben sie sich nun einen Ausweg erhandelt, der es ihnen ermöglicht, das eigene Gesicht zu wahren. Für Hofer bedeutet das wohl noch einige unfreiwillige Zeit im Iran. Denn irgendwie muß das anhängige Verfahren formal abgeschlossen werden. Damit es wenigstens so aussieht, als ginge in Teheran alles mit rechten Dingen zu.

Und noch einer kann ein wenig aufatmen: Kanzleramtsminister Bodo Hombach. Er sollte eigentlich schon im Februar in Teheran Präsident Chatami eine Einladung nach Deutschland überreichen, hatte seine Reise jedoch von der Freilassung Hofers abhängig gemacht. Aus Hombachs Besuch wurde nichts. Nun wird er bald fahren können und einleiten, was den Regierenden in Bonn und Teheran wichtiger ist als Hofers Schicksal: die Wiederannäherung zwischen Deutschland und Iran. Chatami hatte gerade eine Reise nach Paris abgesagt. Vielleicht kommt er nun zuerst nach Bonn. Thomas Dreger