PreussenElektra droht mit Prozeß

■ Der Stromkonzern macht einen Rekordgewinn und will die Wiederaufnahme der Castor-Transporte noch 1999 erzwingen

Hannover (taz) – Der Stromkonzern PreussenElektra will die Wiederaufnahme der Atommülltransporte ins französische La Hague notfalls mit Hilfe der Verwaltungsgerichte durchsetzen. PreussenElektra-Chef Hans-Dieter Harig kündigte gestern in Hannover noch für 1999 den Transport von sieben Castor-Behältern mit abgebrannten Brennelementen aus dem AKW Stade in die Wiederaufarbeitungsanlage an.

Ein entsprechender Antrag an das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf Erteilung einer Transportgenehmigung sei in Vorbereitung, sagte Harig auf der Bilanzpressekonferenz des Energieversorgers. Der ehemalige Leiter der Kernenergieabteilung im Bundesumweltministerium und heutige PreussenElektra-Vorstand Walter Hohlefelder betonte, daß die Entscheidung des BfS und des Bundesumweltministeriums über den Genehmigungsantrag keine Ermessensentscheidung sei. Wenn der Bundesumweltminister negativ über den Antrag auf Wiederaufnahme der Transporte entscheide, „werden sich daran verwaltungsgerichtliche Auseinandersetzungen anschließen“, kündigte Hohlefelder an. Der Zehn-Punkte-Katalog, den die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel nach dem Stopp für alle Castor-Transporte im Mai 1998 aufgestellt hatte, sei abgearbeitet. Damit hätten die Energieversorger die Voraussetzungen erfüllt und nun Anspruch auf erneute Transportgenehmigungen.

PreussenElektra-Chef Harig hat nach eigenen Angaben eine Wiederaufnahme der Transporte auch in einem Schreiben an Bundesumweltminister Jürgen Trittin verlangt. Darin habe er Trittin daran erinnert, daß dieser im ersten Konsensgespräch zwischen Bundesregierung und Energieversorgern von einer Verstopfungsstrategie zur Durchsetzung des Atomausstiegs Abstand genommen habe. Nach Angaben des PreussenElektra-Chefs droht dem AKW Stade im Frühjahr 2000 die Abschaltung, wenn bis dahin nicht Platz im Abklingbecken des Kraftwerks geschaffen wird.

Für die Atomkraft insgesamt sehe er auf einem liberalisierten Strommarkt keine Zukunft mehr, so Harig. „Bei den derzeitigen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen würde die Kernenergienutzung, auf Dauer gesehen, ohnehin aus marktwirtschaftlichen Gründen auslaufen.“ Die PreussenElektra hat ihren Gewinn nach Steuern 1998 gegenüber 1997 um 519 Millionen Mark erhöht und mit 2,311 Milliarden Mark ein Rekordergebnis erzielt. Die Steuerbelastung nahm dabei um 197 Millionen auf 1,093 Milliarden ab. Das Wort „Rekordgewinn“ nahm Harig allerdings mit Bedacht nicht in den Mund: Dafür äußerte er die Hoffnung, sich bald mit der Bundesregierung über die Besteuerung der Rückstellungen für die Atommüllentsorgung einigen zu können. Jürgen Voges