Wohnen im Park statt neuem Eisstadion

■ Der BUND, eine Fußgänger-Vereinigung, Architekten und Bauunternehmen wollen das Gelände des früheren Stadions der Weltjugend zum „autofreien Stadtviertel“ umgestalten

Das Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend an der Chausseestraße in Mitte ist heiß begehrt: Einen Tag nachdem der Eishockeyklub „Eisbären“ mit einem US-Investor seine Hallenpläne für das derzeit als Golfplatz genutzte Areal vorgelegt hatte, legten andere Interessenten ein Gegenkonzpept vor. Ein loser Zusammenschluß von einer Berliner Baugenossenschaft, einem holländischen Bauunternehmens, der Fußgänger-Vereinigung „per pedes“, dem BUND und zwei Architekten hat ihr Projekt eines „autofreien Stadtviertels“ auf dem Gelände präsentiert.

Felix Beutler vom BUND nannte das Eishallen-Projekt des „ominösen“ amerikanischen Investors „stadtunverträglich“: Es passe nicht in den Bezirk und würde „Tausende von Parkplätzen“ an diesem Gelände erfordern, da die Zuschauermassen nicht mit demöffentlichem Nahverkehr zum geplanten Stadion transportiert werden könnten.

Statt dessen soll auf einem etwa 13 Hektar großen Teilstück des Areals ein „gemischtes Stadtquartier“ entstehen, das Platz für Wohnraum, Gewerbe und Sportplätze biete, erläuterte Markus Heller, einer der zwei Architekten, die das Projekt realisieren wollen. Etwa 450 Wohnungen sollen gebaut werden: ein „urbanes Wohnen im Grünen“ mit kaum befestigten Straßen und insgesamt nur etwa 50 Auto-Stellplätzen für das Gewerbe und Besucher. Ein „umfassender Mobilitätsservice“ soll dabei das Leben ohne Auto erträglich machen.

Der Service soll Heller zufolge unter anderem Lieferungen aller Art anbieten und Fahrräder verleihen, Reparaturen vornehmen und Car-sharing organisieren. Das alles soll pro Haushalt monatlich zwischen 30 und 50 Mark kosten. Vor allem für Familien mit Kindern sei geplant worden. Schon jetzt gebe es etwa „60 sehr ernsthafte Interessenten“.

Zwei Vertreter der „Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892“ und der niederländischen „Kondor Wessels Nord GmbH“ zeigten sich an dem Projekt interessiert. Simon Gielstra, Geschäftsführer von Kondor Wessels Nord, unterstrich, sein Unternehmen könnte auf diesem Gelände mitten in der Hauptstadt Wohnungen mit einem Verkaufspreis von 300.000 bis 400.000 Mark bauen. Voraussetzung sei jedoch, daß die Stadt das Gelände zu einem geringeren Preis als dem derzeitigen Bodenrichtwert von 1.600 Mark pro Quadratmeter verkaufe .

Mit vorsichtiger Skepsis reagierten die Behörden auf das Projekt. Eine Sprecherin der Bauverwaltung betonte, die Entscheidung, was mit dem Gelände passiere, liege zunächst bei der Finanzverwaltung. Die Idee für ein autofreies Stadtviertel sei noch „Zukunftsmusik“. In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es, man kenne den Entwurf noch nicht genau genug, um ihn dezidiert beurteilen zu können. Der Bürgermeister von Mitte, Joachim Zeller (CDU), verwies darauf, daß es noch andere Investoren und Stadtplaner gebe, die sich für das Gelände interessierten. Noch gelte der vom Architekten Max Dudler vorgelegte Entwurf für den Bau von rund 2.000 Wohneinheiten. Alle drei städtischen Stellen bekräftigen zudem ihre Skepsis gegenüber den Überlegungen, auf dem Gelände ein Eishockeystadion zu errichten. Philipp Gessler