Nato kreist um Bodenkrieg Jelzin warnt vor Eskalation

■ Bodeneinsatz im Kosovo wird nicht mehr völlig ausgeschlossen. Rußlands Präsident warnt vor einem Krieg in Europa. Schutztruppe für Flüchtlinge in Albanien geplant

Berlin (dpa/AP/taz) – Je entschlossener die Bundesregierung den kurzfristigen Einsatz von Bodentruppen im Kosovo dementiert, desto häufiger wird darüber diskutiert. Neben dem Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, dem deutschen General Klaus Naumann, hat nun auch Außenminister Joschka Fischer erkennen lassen, daß er einen Bodeneinsatz nicht völlig ausschließen könne. Naumann nannte den Landkrieg „eine theoretische Möglichkeit“, über die die Politik dann entscheiden müsse, „wenn wir zu der Lagebeurteilung kommen, das könnte jetzt gemacht werden mit vertretbarem Risiko“. Auch die Tatsache, daß die 19 Außenminister der Bündnispartner am kommenden Montag kurzfristig in Brüssel zusammenkommen, nährt die Spekulationen über einen möglichen Kampfeinsatz.

Mit scharfen Worten hat Rußlands Präsident Boris Jelzin gestern vor dem Einsatz von Bodentruppen und vor der Errichtung eines Protektorats über Jugoslawien gewarnt: „Die Nato will Bodenoperationen unternehmen, sie will Jugoslawien einfach erobern und es zu ihrem Protektorat machen.“ Im russischen Fernsehen erklärte Jelzin, ein solcher Schritt würde mit Sicherheit zu einem Krieg in ganz Europa und möglicherweise sogar zu einem Weltkrieg führen. Diese Warnung habe er der Nato, den USA und Deutschland zukommen lassen, erklärte Jelzin.

Die Nato reagierte mit der Versicherung, die Angriffe bedrohten nicht die Sicherheit Rußlands. Bodentruppen würden nur eingesetzt, wenn die Feindseligkeiten eingestellt sind. Bei dem Einsatz einer multinationalen Friedenstruppe sei Rußland selbstverständlich willkommen.

In Führungskreisen des US-Kongresses wächst indes die Zustimmung für den Einsatz von Bodentruppen. Fast alle der elf Kongreßmitglieder, die Verteidigungsminister William Cohen auf dessen Reise nach Brüssel und zu Truppenbesuchen in Ramstein und Piacenza begleiteten, wollten diese militärische Option nicht mehr ausschließen. „Wir sollten morgen mit den Vorbereitungen beginnen“, sagte etwa der republikanische Senator John McCain aus dem Streitkräfteausschuß. Ike Skelton, Abgeordneter des Repräsentantenhauses, erklärte: „Was auch immer dafür nötig ist, wir müssen das gewinnen.“

Bundesaußenminister Fischer sagte am Donnerstag abend im ZDF auf die Frage, ob Bodentruppen auf Dauer nicht unausweichlich seien: „Das weiß ich nicht. Das kann ich aus heutiger Sicht nicht entscheiden.“ Ein solcher Einsatz müsse auf politisch-militärischer Ebene entschieden werden. Die Bundesregierung sehe aber gegenwärtig keinen Anlaß, ihre Ablehnung von Bodentruppen zu verändern.

Die Nato kündigte unterdessen an, in den nächsten Tagen achttausend bis zehntausend Soldaten zum Schutz und zur Versorgung der vertriebenen Kosovo-Albaner in Albanien zu stationieren. Die Bundeswehr könnte sich nach Angaben der Hardthöhe mit einer 120 bis 150 Mann starken Fernmeldekompanie innerhalb der Mobilen Einsatztruppe der Nato an der Aktion „Alliierter Hafen“ beteiligen. Dafür wäre ein neues Bundestagsmandat nötig. Das könnte frühestens am 15. April beschlossen werden.

Bundeskanzler Schröder informierte gestern die Partei- und Fraktionschefs der Opposition über den Kosovo-Konflikt. Die Union sprach sich nachdrücklich gegen den Einsatz von Bodentruppen aus. „Diese rote Linie darf nicht überschritten werden“, sagte CDU-Vize und Ex-Verteidigungsminister Rühe. wg