Flimm legt die Füße hoch

Theaterfußballmeister und 95 Babys: Thalia-Intendant Jürgen Flimm zieht vor seiner letzten Saison launig Bilanz  ■ Von Kristina Maroldt

Es waren drei „Männer in hochbetagtem Alter“, wie Jürgen Flimm witzelte, die sich im Foyer des Thalia Theaters versammelt hatten, um den neuen Spielplan für die Theatersaison 1999/2000 der Presse vorzustellen. Ein doppelt historisches Datum, meinte der Noch-Thalia-Intendant: Schließlich hätten er, Ludwig von Otting und Volker Canaris vor genau 20 Jahren in Köln als Theaterdirektoren angefangen. Mit Ende der nächsten Spielzeit endet nun auch das Triumvirat, Flimms Nachfolger wird der Hannoveraner Intendant Ulrich Khuon.

Jetzt will sich Flimm „erstmal ins Private zurückziehen und schauen, was da kommt. Mit meiner Zeit in Köln und in Hamburg war ich 21 Jahre lang Intendant – das ist eine lange Zeit“, resümiert der Theatermacher. Als Nachfolger des Direktors der Salzburger Festspiele, Gerard Mortier, stehe er deswegen nicht zur Verfügung. „Ich will künftig nur noch meine eigenen Sachen machen.“ Lange wird der lebensfrohe Kölner jedoch nicht die Füße auf den Sofa-Tisch legen: Nach eigenen Angaben wird der 57jährige in den Aufsichtsrat der Holding der Wiener Bundestheater berufen. Außerdem habe er sich vorsorglich „mit Verträgen für Operninszenierungen zugepflastert, damit das Heimweh nicht so stark wird und ich nicht wie ein kranker Hund ums Thalia herumlaufe“.

Bevor diese „letzte Spielzeit“ anbricht, gilt es jedoch zunächst die laufende erfolgreich zu beenden. Bereits kommenden Samstag feiert Shakespeares Der Kaufmann von Venedig Premiere, am 20. Mai folgt HofmannsthalsElektra und am 16. Juni Das Urteil von Paul Hengge. In der Heinrich-Heine-Villa wird ab 8. Mai eine Bearbeitung von Dostojewskis Die Sanfte gezeigt. Für den Touristenmagnet ThaliaSommer kommt dieses Jahr die australische „Industrial Step Show“ Tap Dogs und das Travestieballett Trockadero aus Monte Carlo an die Elbe – laut von Otting „eine im guten Sinne schmierige Veranstaltung“.

Die Sommerspiele sind für das Haus eine lebensnotwendige Einnahmequelle. Schließlich müssen vom ohnehin schon knappen Etat jetzt noch die 2 Prozent Tariferhöhungen eingespart werden. Trotzdem werde das Thalia in der laufenden und in der kommenden Spielzeit – wie auch schon in den vergangenen 15 Jahren – kein Defizit machen. Dafür sorgten auch die guten Einnahmen aus Verkauf, Gastspielauftritten und Fernsehaufzeichnungen.Um dem neuen Intendanten Ulrich Khuon ein Finanzpolster zu hinterlassen, werde die Anzahl der Produktionen in Flimms letzter Spielzeit aber „deutlich beschränkt“ sein.

„Einen großen Trommelwirbel – bumbum, der Flimm geht weg“, findet der scheidende Intendant ebenfalls überflüssig. Und einen extra lauten Paukenschlag, der die Aufmerksamkeit der Theaterwelt auf ihn lenkt, hat der 57jährige nach 158 Thalia-Premieren auch nicht mehr nötig. Schließlich ist bekannt, daß es größtenteils sein Verdienst war, daß sich das Thalia zu einer der renommiertesten Bühnen im deutschsprachigen Raum gemausert hat.

Doch natürlich sind diese Zahlen nichts gegen die wirklich wichtigen Erfolge des Hauses: Stolze vier Male wurde die Mannschaft des Thalia Theaters Deutscher Theater-Hallenfußballmeister. Eine Leistung die nur noch überboten wird durch die 95 Babys von Mitarbeitern, die während Flimms Amtszeit das Licht der Welt erblickt haben.