Helden des Cockpits

■ Kölner Musiker meditierten im Lagerhaus über Regler und Knöpfe

„A-Musik“ ist B sehr meditativ und C eine Kölner Musikergemeinschaft mit dazugehörigem Plattengeschäft und -label.

Vor dreißig Jahren wollten alle Jungs südlich des Nordpols Lokomotivführer wie Lukas werden. Zehn Jahre später stand der Flugkapitän an der Spitze der Liste der Wunschberufe. Doch weil die Welt nur eine begrenzte Zahl von Piloten braucht, mußten die Flugwilligen umdenken und eine andere Technik erfinden, mit der es sich vor einem Cockpit abheben läßt – und entwickelten A-Musik. Das Cockpit im Lagerhaus jedenfalls war von beträchtlicher Länge. 1000 Regler und 10.000 Knöpfe harren kenntnisreicher Bedienung. Es muß Tage gedauert haben, dieses Equipment aufzustellen. Programm dieser Musik ist das Programmieren. Einer richtigen Einordnung dienlich ist vielleicht der Hinweis, daß Marcus Schmickler schon mal mit CAN-drummer Jackie Liebezeit zusammenjamte und daß das Presseinfo in flockigen Gedankenschnörkeln den Fluxus-Literaten Dieter Roth, den Minimalisten und Cagefreund La Monte Young, den Chaoslärmer John Zorn, nicht zu vergessen den postdadaistischen Begriff „Bier“ sanft umschmeichelt. Man will mitten auf der Speerspitze (wieviele Leute haben da eigentlich Platz?) der Avantgarde ins Freie hinaus segeln.

Lob und Ehre sei gespendet dem K.I.O.T.O., daß man dort immer wieder die potentiellen Talentschmieden der Nation kennen lernen kann. Danken tut ihnen das die große Masse natürlich nicht. Und so schwappte denn der feinziselierte Wellensalat der Kölner in den schwarzen, leeren Raum, ehe er die ernsten Thekensteher erreichte. Aus dem langen, ruhigen Fluß tauchten viele schöne Dinge auf: Ein Echolot, wie man es von U-Boot-Filmen kurz vor der finalen Katastrophe kennt oder das Fiepsen von Weltraumsatelliten, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Photovoltaik streicheln, Klänge jedenfalls, die weit weg führen vom unseligen Alltag, manchmal aber auch mitten hinein, zum Beispiel in eine Kaffetasse, gegen die ein Löffel zu klacken scheint.

Schläge sind nicht einfach Schläge, sondern sie fühlen sich an, entweder rauh wie Sandpapier, zerrupft wie ein Wollknäul, öfters aber so glänzend und glatt wie ein Stück Edelstahl. Klangmassen arbeiten sich aus dem Hintergrund, herrschen eine Zeitlang über das Geschehen und tauchen anschließend in aller Bescheidenheit wieder ins Nichts ab, selten abrupt, so daß der Zuhörer den Geschehnissen mit einer Gelassenheit folgen kann, mit der man sonst den Zug der Wolkenformationen beobachtet. bk