Polizei-„Überfall“ auf PDS-Mann

■ Grund: Schornsteinfegerbedrohung, Schilderklau, Trunkenheit ...

Erbost hat sich gestern der „Sprecher der kommunistischen Plattform der PDS Bremen“, Helmut Lucas, bei der taz über einen Polizeieinsatz beschwert. Ein Sondereinsatzkommando habe gegen 8.30 Uhr seine Wohnung gestürmt und ihn mit Waffen bedroht. Als Grund nannte Lucas einen Vorfall mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfeger zwei Stunden zuvor. Politische Gründe wollte der PDS-Mann aber ebenfalls nicht ausschließen. „Zumal ich ein PDS-Plakat mit dem Tucholski-Zitat ,Soldaten sind Mörder– an meiner Wohnungstür hängen habe“, so ein recht zorniger Lucas.

Aber zurück zu „dem Vorfall mit dem Schornsteinfeger“. Laut Lucas habe dieser gegen 6.15 Uhr mit den Fäusten gegen seine Wohnungstür getrommelt. Er sei aus dem Schlaf gerissen worden und habe an einen „Überfall durch Rechte“ geglaubt. Resultat: Nach übereinstimmender Aussage aller Beteiligten schnappt sich Lucas seine Gaspistole und öffnet die Tür. Dann gehen die Interpretationen des morgendlichen Dramas auseinander. Während Lucas behauptet, den Schornsteinfeger „nie bedroht“ zu haben, berichtet dieser anderes: „Der Mann hat seine Pistole auf mich gerichtet, kein Wort gesagt und sich dann plötzlich wieder in seine Wohnung verzogen“, so der Mann in Schwarz. Der Geschockte flüchtet Hals über Kopf aus dem Haus und ruft die Polizei.

Die versucht Lucas telefonisch zu erreichen und aus seiner Wohnung zu klingeln. „Da aufgrund der Ermittlungen eine von dem Mann ausgehende Gefahr nicht auszuschließen war, wurde das Spezialeinsatzkommando alarmiert“, so die Polizei.

Was dann geschah, hört sich so ziemlich nach dem Gegenteil von dem an, was Lucas selbst berichtet. Beim Stürmen der Wohnung finden die Beamten den PDS-Mann nackt vor seinem Sofatisch knieend, mit Gaspistole in der Hand. Obendrein ist der 50jährige reichlich besoffen, ergibt ein späterer Alkoholtest. Das alles reicht jedoch nicht, um einen Bürger vorläufig festzunehmen. Dennoch wird er abgeführt. Der Grund: Neben 30 Gramm Cannabis finden die Beamten 750 unverzollte Zigaretten sowie haufenweise Verkehrszeichen und anderweitige Schilder, „die offensichtlich aus Diebstählen stammen“, so die Polizei, die jetzt gegen den „überfallenen“ Lucas ermittelt wegen Bedrohung, illegalen Besitzes von Cannabis, wegen eines Verstoßes gegen die Abgabenordnung und des Verdachts auf gemeinen (Schilder)Diebstahl.

Von Glück reden kann der angeblich „Überfallene“, daß ihn der Schornsteinfeger nicht auch noch angezeigt hat. „Ich bin schließlich mit einer Pistole bedroht worden. Außerdem ist ein Kollege aus Süddeutschland vor kurzem auf ähnliche Weise erschossen worden“, berichtet dieser. „Ich mußte mich erstmal erholen von diesem Schock in den Morgenstunden.“ Auf die Anzeige will er verzichten, weil sich Lucas „inzwischen telefonisch bei mir entschuldigt hat“. Und was sagt der Verursacher der ganzen Aufregung? Lucas bleibt bei seiner „Überfall“-Version durch die Polizei. Von der Bedrohung des Schornsteinfegers , Cannabis-Besitz und vor allem offenbar geklauten Verkehrsschildern berichtet der 50jährige gegenüber der taz dagegen nichts. Jeti