DIW kürt einen neuen Präsidenten

■ Berliner Wirtschaftsinstitut vor Richtungsentscheidung: Weitermachen wie bisher oder ab in die neue Mitte?

Berlin (taz) – Diese Chance wollte er sich wohl nicht entgehen lassen. Der Arbeitsökonom Klaus F. Zimmermann wird offenbar Nachfolger von Lutz Hoffmann als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW). Das meldeten die SZ und das Handelsblatt am Montag unter Bezug auf interne Quellen. Laut Auskunft des DIW war das „schwebende Verfahren“ bei Redaktionsschluß der taz noch nicht abgeschlossen. Die Entscheidung sollte am Nachmittag bekanntgegeben werden.

Der Job an der Spitze des 1925 gegründeten Instituts ist mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Noch durchbricht das DIW in schöner Regelmäßigkeit die Front der Angebotstheoretiker mit eher nachfrageorientierten und arbeitnehmerfreundlichen Positionen, die sich ansonsten – anders als in anderen Ländern – in der öffentlichen Diskussion kaum wiederfinden. Und zumindest der Basis im DIW ist es wichtig, daß sich an der grundsätzlichen Ausrichtung des Instituts nichts ändert.

Der neue Mann müsse „ das Profil des DIW schärfen“, hatte der Wissenschaftsrat, der für die Besetzung des Präsidentenstuhls verantwortlich ist, dagegen eher vage formuliert. Außerdem solle er die Voraussetzungen schaffen, daß sich die Berliner „an die Spitze der Bewegung“ setzen, also künftig den Ton angeben bei den Gemeinschaftsgutachten der sechs großen Forschungsinstitute zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland und der Politik der Bundesregierung. Sicherzustellen, daß sich die Forscher dabei nicht selbst in die neue Mitte abkommandieren, wäre nach Ansicht vieler DIW-Mitarbeiter die entscheidende Aufgabe für den neuen Chef, der im Oktober sein Amt antreten soll.

Ob Zimmermann der richtige Mann dafür ist, wird sich noch zeigen. Im Tagesspiegel forderte er jüngst, alle Lohn- und Einkommenssteuern abzuschaffen und durch Verbrauchssteuern wie die Mehrwertsteuer zu ersetzen. Das Handelsblatt feierte ihn als „modernen Arbeitsökonomen“. Kein Wunder, daß ihn zuletzt das liberale Münchner ifo-Institut einkaufen wollte.

Beim DIW dürfte er mit solchen Positionen dagegen nicht allzu viele Freunde finden. Aber vielleicht viel zu tun. Seine Funktion als Gründungsdirektor des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) will er nämlich nicht aufgeben. Beate Willms