Ri-Ra-Regression

■ Mit dem Plüschpony auf der Suche nach der verlorenen Zeit: „Why is six afraid of seven“ in der Galerie „liebe deinen nächsten“

Schön war die Kindheit. Zwischen Plüschtieren, den Liedern der Hitparade und dem Puppenhaus lag das Glück greifbar nah. Unbeschwert lebte es sich vor Holzfurnierwänden, griff man bei Regen zu der Spielesammlung, hortete man Stehrumchens mit hübschen Bildern darauf. Wandteller in Sarah-Kay-Optik zum Beispiel, die so wahre Dinge verkündeten wie „Friendship makes the rough road smooth“.

Ein so friedvolles Panorama breiten Laura Shaeffer, Oliver Diedrich und Andrew Nord noch bis zum kommenden Sonntag in der Galerie „liebe deinen nächsten“ aus. Unter dem Titel „Why is six afraid of seven?“ versammeln die drei Künstler mehrere Installationen, eine Tonspur und zwei Filme, die allesamt mit Erinnerungsstücken operieren.

Nord, der sich im Brotberuf als Softwareentwickler in Chicago verdingt, steuerte die Holzfurnierwand bei, Shaeffer, die wie ihr Kollege aus Chicago kommt, aber seit vier Jahren in Berlin ansässig ist, einen Plüschhasen namens „Loser Bunny“, der zugleich auch als Knetfigur zu bestaunen ist. Diedrich schließlich hat das 15minütige Video „Motte auf Glühbirne“ gedreht, in dem er die Zeit verstreichen läßt, fast ohne daß etwas geschieht. Und er hat einen Schlager von Peter Alexander neu gemixt: „Weit bist du getrabt / und du bist müd' - / mein Tschick-tschuck-tschackedi-Pony / Nun hast du Ruh' / heute kannst du schlafen.“

Süße Melancholie scheint da auf. Wie anderswo ein Gebäckstück namens Madeleine dient hier ein Plüschpony als Vehikel für die Erinnerung. Aber wo soviel Verklärung ist, läßt die Entzauberung nicht auf sich warten. „I will squeeze the life out of you“, steht in schwarzen Lettern auf der kleinen, mit Schmetterlingen bemalten Tafel, die Nords Holzfurnierwand schmückt. Daß eine andere Tafel auf dieser Wand mit „Eden“ signiert ist, macht die Verteibung aus dem Paradies nur um so deutlicher.So erzählt „Why is six afraid of seven?“ denn auch nur vordergründig von der Kindheit als einem Locus amoenus. Auf den zweiten Blick erwarten den Betrachter Verlust und Bedrohung.

Shaeffers „Loser Bunny“ schleppt in einem kurzen Super 8-Film schwer an seinem Schatten; zugleich fallen ihm die Gliedmaßen aus. Nord überschreibt die Idyllen mit düsteren Sprüchen, und auch die Antwort auf die titelgebende Frage hat etwas mit Auslöschung zu tun: „Because seven eight nine“ lautet sie. Wobei „eight“ als Homonym von „ate“ zu lesen ist. Cristina Nord

Bis18.4, von 18 – 22 Uhr, Galerie „liebe deinen nächsten“, Veteranenstraße 16, Mitte