Kabilas Kriegswirtschaft am Ende

■ Kongos Exporte sind blockiert, die ausländischen Handelspartner drehen den Geldhahn ab. In Kabilas Hochburgen Katanga und Kinshasa wächst Unmut

Brüssel (taz) – Für Laurent Kabila wird es eng. Das ökonomische Geflecht, mit dem der Präsident der bürgerkriegsgeschüttelten Demokratischen Republik Kongo bisher seine Herrschaft aufrechterhält, steht vor dem Zusammenbruch. Emissäre von Gecamines, der größten Bergbaufirma des Kongo, versuchen derzeit verzweifelt, die Pfändung ihrer Produkte und Einnahmen im Ausland zu verhindern. Sollten sie scheitern, droht der Kollaps der Kabila-Kriegswirtschaft. Die Kupfer- und Kobaltminen der Gecamines sicherten bisher zwei Drittel der kongolesischen Staatseinnahmen.

800 Tonnen Kobalt aus dem Kongo, Marktwert 40 Millionen Dollar, sind seit Anfang März im Lager City Deep des südafrikanischen Johannesburg blockiert. Mehrere südafrikanische Firmen haben dies veranlaßt, um vom Kongo die Bezahlung etlicher seit Oktober offener Rechnungen in Höhe von 13 Millionen Dollar zu erzwingen. Weitere 40 Tonnen Kobalt aus dem Kongo werden auf Veranlassung einer ebenfalls auf Geld wartenden belgischen Firma im belgischen Hafen Antwerpen festgehalten. Auch die belgische Bank Belgolaise, die einen Gehaltsvorschuß für die 25.000 Gecamines-Angestellten gezahlt hat, macht sich Sorgen und überlegt, die Pfändung des Gecamines-Büros in Brüssel zu veranlassen.

Das dortige Personal, von Anrufen verärgerter Schuldner überwältigt, hält sich mit Kritik nicht zurück und schimpft auf Kabila ebenso wie auf den neuen Gecamines-Chef Billy Rautenbach, ein Weißer aus Simbabwe. Rautenbach, so die Gecamines-Vertreter in Brüssel, hat einen Exklusivvertrag für die Vermarktung des kongolesischen Kobalts mit der Londoner Handelsfirma Metal Resource Group Cobalt Sales (MRG) abgeschlossen, aber um die niedrigen Weltmarktpreise für Kobalt zu stützen, halte MRG die Ware zurück und zahle daher Gecamines auch keine Verkaufserlöse.

Unter dem Eindruck solcher Vorgänge ist der ohnehin geringe Enthusiasmus ausländischer Investoren für den Kongo völlig erstarrt. Die meisten Projekte in der südkongolesischen Bergbauprovinz Katanga liegen auf Eis. Der Unmut in der Region wächst: Das Gecamines-Personal vor Ort hat seit Dezember kein Gehalt mehr gesehen und die Unternehmerverbände der Provinz äußern offene Kritik am Regime. Möglicherweise unter Ausnutzung der schlechten Stimmung vor Ort hat die Rebellenbewegung „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD) in Katanga militärische Erfolge erzielen können. Unabhängige Organisationen werfen Kabila nun vor, Milizen in Katanga auszuheben und alte ethnische Konflikte in der Region neu anzufachen.

Nicht nur im Bergbausektor und in Katanga wächst der Unmut. Die deutsche Firma Danzer, die umfangreiche Holzkonzessionen im Regenwald der kongolesischen Nordwestprovinz Equateur besitzt, hat zusammen mit anderen europäischen Holzfirmen eine Ladung von 40.000 Kubikmeter Edelholz im Atlantikhafen Matadi verloren – vom Staat beschlagnahmt, angeblich aus Umweltschutzgründen. In Matadi, wo die Überseeimporte für Kongos Hauptstadt Kinshasa ankommen, gehen die Geschäfte schlecht: 27 Schiffe dockten im Dezember an, im März waren es nur noch elf. Auch die Straßen- und Stromverbindungen aus Kinshasa nach Osten sind kaputt, so daß Kongos Hauptstadt vom Rest des Landes immer stärker isoliert ist.

Am Wochenende mußte die Regierung die Benzinpreise verdreifachen, um der beginnenden Treibstoffknappheit und dem Währungsverfall zu begegnen. Der öffentliche Nahverkehr in der Millionenstadt Kinshasa ist seitdem zu großen Teilen lahmgelegt. Die Frage ist nun, wie lange Kabila die selbst verursachte Knebelung der kongolesischen Wirtschaft übersteht. Francois Misser