Schiffbaukonzern verkauft seine Werften

■  Europas Nummer eins, Kvaerner, will sich verschlanken: Auch der Ostsee-Betrieb Rostock-Warnemünde ist betroffen, Arbeitsplätze sollen aber nicht abgebaut werden

Oslo/Rostock (taz/dpa/AP) – Der größte Schiffbaukonzern Europas hat radikale Rettungsmaßnahmen ergriffen. Weil die englisch-norwegische Kvaerner-Gruppe im Bereich Schiffbau und anderen UnternehmensteilenVerluste macht, will sie Tochterfirmen verkaufen und insgesamt 25.000 von 80.000 Angestellten entlassen. Betroffen von den Verkaufsplänen ist auch die Warnemünder Warnow-Werft in Mecklenburg-Vorpommern, die im Besitz von Kvaerner ist. Vorstandsvorsitzender Kjell Almskog sagte am Dienstag in Oslo zu den Restrukturierungsplänen, das Ziel sei eine deutlich kleinere und schlankere Gruppe. Unklar war zunächst, wie und an wen die Werften ausgegliedert werden sollten. Kvaerner will sich zudem auch von seinem Öl- und Gasgeschäft trennen. Auch die Papiersparte stand Ende letzten Jahres im Minus.

Für den drastischen Konzernumbau hat Kvaerner Kosten von vier Milliarden norwegischen Kronen (rund 930 Millionen Mark) veranschlagt. Nach einem deutlichen Verlust von 1,3 Milliarden Kronen im vergangenen Jahr will der Konzern bereits Ende 2000 wieder einen Gewinn von 500 Millionen bis eine Milliarde Kronen machen.

Betroffen vom Verkauf von weltweit 13 Werften wäre auch die Warnow-Werft bei Rostock. Sie wurde im Oktober 1992 von Kvaerner übernommen und zählt heute 1.250 Beschäftigte. Der Sprecher der Warnow-Werft, Matthias Trott, sagte gestern allerdings, von den 25.000 Arbeitsplätzen, die abgebaut werden sollen, sei die ostdeutsche Werft nicht betroffen. Die Belegschaft in Warnemünde wird laut Trott noch am Dienstag informiert. Der Sprecher geht davon aus, daß die Werft als Ganzes verkauft und der Betrieb weitergeführt wird. Gegen die Werft läuft noch ein Verfahren der EU-Kommission wegen Verstoßes gegen Beihilfenauflagen. Nach den EU-Regeln müßten die Rostocker zumindest einen Teil der Staatsbeihilfen (insgesamt: 1,2 Milliarden Mark) zurückzahlen, weil sie 1998 die von Brüssel bewilligte Produktionsmenge um 26 Prozent überschritten.

Geplant sei bei Kvaerner, im Bereich Schiffbau 1.000 Stellen abzubauen, hieß es gestern. Dies beziehe sich auf die Kvaerner-Goven-Werft im schottischen Glasgow, die Kvaerner-Vyborg-Werft in Rußland sowie zwei weitere Schiffbaubetriebe in Norwegen.

Mit seinen 13 Werften in Finnland, Norwegen, Großbritannien, Deutschland, Rußland und Singapur ist der Konzern einer der größten Schiffbauer weltweit. Erst im Oktober 1997 kaufte der Vorgänger Almskogs die frühere „Philadelphia Naval Shipyard“ an der Ostküste der USA. Mehr als 10.600 der Beschäftigten sind im Bereich Schiffbau tätig. Bisher arbeitet das Industrieunternehmen in mehr als 100 Ländern der Erde in allen Bereichen des Engineerings und der Konstruktion. Mit den Unternehmensverkäufen will der Industriekonzern rund 3,5 Milliarden Kronen einnehmen. Sein Geschäftsvolumen wird sich allerdings um 25 Milliarden auf rund 55 Milliarden norwegische Kronen im Jahr verringern. rem