Geht diese 20jährige auch fort von zu Hause?

Was ich der taz zum Zwanzigsten wünsche (VI): Daß sie nicht für immer jung bleiben muß, sondern beruhigt alt werden kann  ■ Von Henrike Schulz

Teuer. Es ist mir einfach zu teuer, sagt Diana, meine Freundin. Und recht hat sie damit. Wer ist schon jung und hat viel Geld? Allein der regelmäßige Kauf einer Zeitung scheint vielen zu teuer. Und die taz ist echt Luxus.

Aber manchmal hat man eben Lust auf Luxus, und dann geht man mal schick essen oder kauft sich mal die taz und hat ein gutes Gefühl, wenn man sie in der U-Bahn liest. Doch man geht nicht jeden Tag teuer essen, aber die taz sollte „tageszeitung“ sein.

Oder etwa nicht?

Es gibt viele plausible Gründe für den Preis der taz, aber genauso auch dafür, daß junge Menschen wenig Geld haben. Trotzdem kaufen relativ viele „Junge“ die taz und damit auch das Gefühl, politisch ein wenig beteiligt zu sein. Mit dem Kauf wollen sie den eigenen politischen Standpunkt demonstrieren...

Aber die taz ruft auch nicht sehr zu politischer Aktivität auf, und politisch Aktive empfinden die taz oft nicht als ausreichend. Es gibt Alternativen, auch zur taz.

Die taz ist eine gute Zweitzeitung. Immer wieder fällt mir auf, daß es nicht ausgereicht hat, die taz zu lesen. Viel zu viele Informationen sind als Kommentare verpackt. Viel zuviel wird zu emotionell abgehandelt. Ist es nicht manchmal besser, sich aus reinen Informationen seine eigene Meinung bilden zu können? taz-Leser sind doch alt genug.

Zum Glück gibt's Leute, die ihre Suppe nicht essen

Hat man schon eine Zeitung gelesen, kann es Spaß machen, hinterher noch die taz zu lesen. Doch wer hat Zeit und Geld für die dicke Zeitung und die teure taz? Dabei scheint es doch immer gut, mindestens zwei Berichte zu einem Thema gelesen zu haben. Für das Gefühl, der Wahrheit näherzukommen. Genau hier macht die taz viel Sinn, und wahrscheinlich ist auch das der Grund dafür, daß man die taz so oft in Deutschlands Pressespiegeln findet.

Jetzt wird sie 20.

Wer hätte das gedacht? Damals – als man noch wie verrückt Häuser besetzte und mit Pflastersteinen auf Polizeimassen schmiß. Aber es ist doch schön, daß kleine Fische überleben und den großen Haien in den Schwanz beißen können. Jetzt haben sich die großen Fische zwar immerhin an die Existenz des kleinen gewöhnt, lassen sich aber immer noch nicht gerne beißen.

Aber wie sehr beißt die taz eigentlich noch? Sie ist lieber geworden, auf jeden Fall. Ob zuviel oder zuwenig, das sieht wahrscheinlich jeder anders. Nicht nur die taz hat sich geändert, auch die Zeit. Werte, Ideale haben sich geändert... Was ist heute noch ein Grund, um auf die Straße zu gehen? Wofür kämpft man? Was will man verändern? Und immer wieder höre ich, daß es uns doch eigentlich ganz gut geht. Toll!?

In diesem Moment denke ich: Zum Glück gibt's die taz. Zum Glück gibt es Leute, die ihre Suppe nicht essen wollen; Leute, die nicht Auto fahren wollen, Leute, die keinen Atomstrom wollen; Leute, die sich nicht für Fußball interessieren.

Die taz ist nicht für alle – und nicht für alles

Fußball. Ja, auch so ein Streitpunkt. Viele in Deutschland lebende Menschen interessieren sich für Fußball. Ihr Bedarf an Neuigkeiten und Hintergrundinformationen wird mit dem Lesen der taz nicht gedeckt.

Die taz ist keine Zeitung für alle und auch nicht für alles.

Aber sie ist trotzdem 20 geworden, erwachsen. Die Zukunft der Zeitung scheint wichtiger als ihre Vergangenheit. Wohin wird sie gehen, fort von ihren Eltern wie so viele andere 20jährige auch? Wer sind die Eltern der taz?

Die taz will immer so jung sein. Sie wird aber immer älter, und irgendwann wird man wohl auch mal wieder beruhigt alt sein können. Und irgendwann werden die Leute wieder nach Revolution schreien und auch wieder Häuser besetzen oder sich eben was anderes ausgedacht haben.

Man kann nicht alles haben, sagen die Großen doch immer. Aber versuchen kann es die taz ja: die alten und die jungen Leser zu erreichen, die armen und die reichen. Zu wünschen ist es ihr auf jeden Fall – auch daß kein großer Fisch sie frißt.