Romani Prodi nimmt sich selbst in die Pflicht

■ Designierter EU-Kommissionschef kündigt Reformen an und will auf Mandat verzichten

Straßburg (dpa) – Mit der Ankündigung tiefgreifender Reformen der EU-Institutionen hat sich der designierte Präsident der EU- Kommission, Romano Prodi, dem Europaparlament vorgestellt. „Für mich und die zukünftige Kommission gilt die Verpflichtung zu einer Zeit des Wandels und der Reformen“, sagte der frühere italienische Regierungschef gestern in seiner ersten Rede vor dem Plenum in Straßburg.

Angesichts der gewachsenen Wirtschaftskraft der Union will Prodi vor allem das politische Gewicht Europas in der internationalen Gemeinschaft stärken. Als oberste Priorität nannte er die Erweiterung der Union, für die nach dem Balkankrieg so rasch wie möglich ein konkreter Zeitplan aufgestellt werden solle. „Europa sollte eine Politik der Partnerschaft mit den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und des Balkans verstärken, um einen großen Raum der Stabilität und des freien Handels zu schaffen“, sagte Prodi.

Die neue EU-Kommission solle sowohl als Kollegium als auch individuell die volle Verantwortung und Rechenschaftspflicht für ihre Tätigkeit übernehmen. „Wir werden keinen Betrug und keine Korruption dulden“, sagte Prodi. Bei der Reform der EU-Institutionen, zu der auch mehr Mitentscheidung des Parlaments und Mehrheitsbeschlüsse im Ministerrat gehörten, dürfe nichts auf die lange Bank geschoben werden. „Es geht um unsere Glaubwürdigkeit“, beschwor der 59jährige.

Zudem kündigte Prodi seinen Verzicht auf eine Kandidatur für die Europawahlen an. Damit reagierte er auf die Kritik von Sozialdemokraten und Grünen, die sich gegen sein gleichzeitiges Engagement im Europa-Wahlkampf ausgesprochen hatten. Rechtlich stehe einer solchen Kandidatur nichts entgegen, betonte Prodi, der in Italien eine Mitte-links-Liste anführen wollte. Eine Kandidatur könne aber eine Spaltung im Europaparlament herbeiführen.