Den Zeugen mit Haft beugen

Schweigsamer Hamburger im „AIZ“-Prozeß muß sechs Monate hinter Gitter  ■ Von Marco Carini

Höchststrafe für den Hamburger Frank Ament: Weil der Taxifahrer im Düsseldorfer Verfahren gegen die mutmaßlichen Mitglieder der Antiimperialistischen Zellen (AIZ) die Aussage verweigerte, wurde er zur längstmöglichen Beugehaft von einem halben Jahr verurteilt. Zusätzlich wurde der Zeuge zu einer Woche Ordnungshaft verdonnert, da er dem Gericht während der Vernehmung den Rücken zugekehrt hatte.

Die Sprecherin des Düsseldorfer Oberlandesgerichts, Claudia Neuhaus, kündigte gegenüber der taz an, daß die Dauer der verhängten Beugehaft im Lauf des AIZ-Verfahrens „nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit Sicherheit überprüft“ werde. Zudem werde Richter Ottmar Breitling den Zeugen am kommenden Dienstag erneut vorführen lassen. Neuhaus: „Vielleicht hat die Beugehaft Herrn Ament ja so beeindruckt, daß er dann zu Aussagen bereit ist.“

Frank Ament hatte am vergangenen Samstag gegenüber der taz angekündigt, „aus politischen Erwägungen jede Aussage zu verweigern“. Er werde „die Ankläger bei der Ausforschung linker Zusammenhänge nicht unterstützen“ und sei „bereit, dafür auch in den Knast zu gehen“. Am Sonntag abend wurde er in Berlin festgenommen und am nächsten Morgen dem sechsten Strafsenat zwangsvorgeführt.

Auf Frank Ament war der Verfassungsschutz gestoßen, als er nach „Hamburger Kontaktpersonen“ der beiden Angeklagten, Michael Steinau und Bernhard Falk suchte. Jahrelang wurden diese umfassend observiert. Dabei wollen die Ermittler herausgefunden haben, daß Ament sich mit Steinau und Falk 1993 und 1994 mehrfach in der Hansestadt getroffen habe.

Als möglicher Mittäter steht der schweigsame Zeuge bislang aber offenbar nicht im Fadenkreuz der Ankläger. Während gegen andere Prozeß-Zeugen bereits vor deren Vernehmungen Ermittlungen wegen der Bildung einer „terroristischen Vereinigung“ eingeleitet wurden, hat die Bundesanwaltschaft entsprechende Vorwürfe gegenüber Ament nicht erhoben.

Die linke Gefangenenhilfsorganisation Rote Hilfe bewertete die gegen Ament verhängte Haftdauer als „juristisch ungewöhnlich“, da nicht einmal die Staatsanwälte behaupten würden, daß seine Aussage prozeßentscheided sein könne. Ament habe offenbar einen „Polit-Zuschlag“ erhalten.

In dem seit November 1997 laufenden Verfahren wird den Angeklagten die Mitgliedschaft in der AIZ und die Beteiligung an mindestens sechs Sprengstoff- und Schußwaffenanschlägen zur Last gelegt. So sollen sie zwischen 1994 und 1995 für drei Anschläge auf die Wohnräume von CDU-Politikern und einen Sprengstoffanschlag auf ein Düsseldorfer Bürogebäude, in dem der peruanische Honorarkonsul residierte, verantwortlich sein.

Die Sprengsätze verursachten erhebliche Schäden, Menschen kamen nicht zu Schaden. Während Michael Steinau die Beteiligung an den Anschlägen teilweise eingeräumt hat, schweigt Bernhard Falk sich zu den Vorwürfen bislang aus.

Spendenkonto zur Unterstützung von Frank Ament: „Rote Hilfe (Beugehaft)“, Nr: 775280107, Postbank Berlin, BLZ: 10010010